Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. November 2008 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 30. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittel.
Von Rechts wegen
Über das Vermögen der I. GmbH (fortan: Schuldnerin) wurde am 29. Dezember 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet. Das verklagte Land meldete Umsatzsteuerforderungen aus den Jahren 2005 und 2006 zur Insolvenztabelle an, die in Höhe von mehr als 1 Mio. € festgestellt wurden. Mit Zustimmung der Vertreterin des Beklagten beschloss die Gläubigerversammlung einen Insolvenzplan, dessen gestaltender Teil für die nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger einen Teilerlass von 93,65 v.H. ihrer Forderungen vorsah. Das Insolvenzgericht bestätigte den Insolvenzplan und hob das Insolvenzverfahren am 14. März 2007 auf. Die Schuldnerin erbrachte die nach dem Insolvenzplan dem Beklagten geschuldeten Zahlungen. Anschließend machte sie gegen diesen Werklohnansprüche für Bauleistungen geltend, die sie bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens für ihn erbracht hatte.
Der Beklagte hat nach Rechtshängigkeit der zunächst auf Zahlung von 117.585,81 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gerichteten Klage einen Teilbetrag von 36.273,86 € gezahlt und im Übrigen mit dem noch nicht getilgten Teil seiner Umsatzsteuerforderungen der Jahre 2005 und 2006 aufgerechnet. Das Landgericht hat die Klage mit Ausnahme eines Anspruchs auf Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Über das Vermögen der Schuldnerin ist mittlerweile erneut ein Insolvenzverfahren eröffnet worden; der Insolvenzverwalter hat den Rechtsstreit aufgenommen.
Die Revision hat Erfolg. Die Forderungen der Schuldnerin sind, soweit sie nicht durch Zahlung erfüllt wurden, durch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung erloschen.
I.
Das Berufungsgericht (ZIP 2008, 2372) meint, der im ersten Insolvenzverfahren beschlossene Insolvenzplan stehe der vom Beklagten erklärten Aufrechnung entgegen. Die von diesem Plan erfassten Forderungen könnten nicht mehr zur Aufrechnung gestellt werden, weil sie erlassen, mindestens aber zu unvollkommenen Verbindlichkeiten geworden seien, die zwar erfüllbar, aber nicht erzwingbar seien. Das gelte auch für die Steuerforderungen des Beklagten. Die Regelung in § 94 InsO, wonach die bei Insolvenzeröffnung bestehende Aufrechnungsbefugnis eines Gläubigers durch das Insolvenzverfahren nicht berührt werde, ändere daran nichts. Sie ermögliche es einem Gläubiger lediglich, sich einem Insolvenzplan zu entziehen, indem er rechtzeitig vorher die Aufrechnung erkläre. Tue er dies nicht und lege er gegen den bestätigenden Beschluss des Insolvenzgerichts kein Rechtsmittel ein, sei er an den Plan gebunden. Letztlich verhalte sich der Beklagte auch treuwidrig, weil er durch seine Vertreterin dem Plan zugestimmt habe.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung muss voll wirksam und fällig sein. Ihre Erfüllung muss erzwungen werden können (BGH, Urteil vom 16. März 1981 -
2. Um unvollkommene, rechtlich nicht durchsetzbare Forderungen handelt es sich auch bei den von dem Beklagten zur Aufrechnung gestellten Umsatzsteuerforderungen.
Erlangt die gerichtliche Bestätigung eines Insolvenzplans nach § 248 Abs. 1 InsO formelle Rechtskraft, treten gemäß § 254 Abs. 1 Satz 1 InsO die in seinem gestaltenden Teil festgelegten materiellen Wirkungen unmittelbar für und gegen alle Beteiligten ein. Insolvenzforderungen können nur noch in Höhe der vereinbarten Quoten durchgesetzt werden. Soweit sie als erlassen gelten, sind sie zwar nicht erloschen, bestehen indes nur noch als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht erzwungen werden kann. Das folgt im Gegenschluss aus den Regelungen in § 254 Abs. 3 und § 255 Abs. 1 Satz 1 InsO (BT-Drucks. 12/2443, S. 213; Häsemeyer, Insolvenzrecht, 4. Aufl., Rn. 28.80; Otte in Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 254 Rn. 14 und § 255 Rn. 6; Uhlenbruck/Lüer, InsO, 13. Aufl., § 227 Rn. 4 und § 254 Rn. 8; MünchKomm-InsO/Huber, 2. Aufl., § 254 Rn. 33; FK-InsO/Jaffé, 6. Aufl., § 254 Rn. 3; Braun/Frank, InsO, 4. Aufl., §
3. Die Aufrechnung mit einer Forderung, die nach dem Insolvenzplan als erlassen gilt, bleibt jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gemäß § 94 InsO möglich, wenn die Aufrechnungslage bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand.
a) Nach § 94 InsO wird das bei Verfahrenseröffnung bestehende Recht eines Insolvenzgläubigers zur Aufrechnung "durch das Verfahren nicht berührt". Dem Gesetzeswortlaut ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob sich die Aufrechnungsbefugnis auch gegenüber der gestaltenden Wirkung eines Insolvenzplans (§ 254 Abs. 1 InsO) durchsetzt. Er kann im Sinne einer Regelung ausschließlich für die Zeit des laufenden Insolvenzverfahrens verstanden werden. Rechnet ein Gläubiger - wie im Streitfall das verklagte Land - nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf, gibt es kein Verfahren mehr, durch das die Aufrechnungsbefugnis berührt sein könnte. Ob eine Aufrechnung möglich ist, richtet sich dann nach der materiellen Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Erklärung. Vom Wortlaut gedeckt wird jedoch auch ein Verständnis, wonach zum "Verfahren" auch das Ergebnis des Insolvenzverfahrens gehört, das - etwa als Insolvenzplan - über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens hinauswirken kann. Dann bliebe eine bei Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungslage über das Ende des Verfahrens hinaus ungeachtet der in einem Insolvenzplan getroffenen Regelungen erhalten (so OLG Celle ZIP 2009, 140, 141, nicht rechtskräftig).
b) Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sollte § 94 InsO die zuletzt genannte Wirkung haben. Bereits unter der Geltung der
c) Der mit § 94 InsO verfolgte Regelungszweck macht seine Anwendung im Falle eines Insolvenzplans allerdings nicht zwingend erforderlich. Die Vorschrift dient nach allgemeiner Ansicht dem Vertrauensschutz. Eine vor Insolvenzeröffnung erworbene Aufrechnungsbefugnis und die daraus folgende Selbstexekutionsbefugnis sind eine von der Rechtsordnung weitgehend geschützte Rechtsstellung (vgl. §§ 389, 392, 406 BGB), die auch im Insolvenzverfahren uneingeschränkt anerkannt bleiben soll (BT-Drucks. 12/2443, S. 140; HK-InsO/Kayser, 5. Aufl., § 94 Rn. 1 f; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, aaO., § 94 Rn. 6 f; Graf-Schlicker/Hofmann, InsO, 2. Aufl., § 94 Rn. 1; aA Jaeger/Windel, InsO, § 94 Rn. 9). Den gleichen Regelungszweck hatte der Große Senat für Zivilsachen bereits den Vorgängervorschriften §
d) Der Senat hält letztlich für ausschlaggebend, dass mit der Insolvenzordnung die nach früherem Recht bestehenden Aufrechnungsmöglichkeiten nicht beschränkt werden sollten. In einzelnen Beziehungen, insbesondere im Hinblick auf vertragliche Aufrechnungsberechtigungen, wurden sie sogar erweitert. Der Umstand, dass der Fall eines Insolvenzplans in § 94 InsO anders als der Fall eines Vergleichs in §
e) Die Zulassung der Aufrechnung gemäß § 94 InsO nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans führt nicht zwangsläufig zu unbilligen Ergebnissen. Aufrechnungsmöglichkeiten eines Insolvenzgläubigers sind vor der Entscheidung über die Bestätigung des Insolvenzplans für den Insolvenzverwalter erkennbar. Er kann versuchen, den betreffenden Gläubiger zu einem Verzicht auf sein Aufrechnungsrecht zu bewegen, oder - falls dies nicht gelingt - die fortbestehende Aufrechnungsmöglichkeit bei der Gestaltung des Insolvenzplans einbeziehen. Eine Berücksichtigung der aufrechenbaren Gegenforderung des Insolvenzgläubigers bei der Berechnung und Auszahlung der nach dem Insolvenzplan den Gläubigern zukommenden Quote kann er vermeiden, indem er selbst die Aufrechnung erklärt. Bestehen sonach Möglichkeiten, einer fortbestehenden Aufrechnungsmöglichkeit bei der Gestaltung des Insolvenzplans Rechnung zu tragen, kann von einer Beschädigung der Gläubigerautonomie durch die Zulassung der Aufrechnung mit einer nach dem Insolvenzplan als erlassen geltenden Forderung nicht die Rede sein (aA Braun, NZI 2009,
4. In der Zustimmung des zur Aufrechnung berechtigten Insolvenzgläubigers zum Insolvenzplan oder auch nur in der widerstandslosen Hinnahme des Plans liegt regelmäßig kein Verzicht auf die mögliche Aufrechnung. An die Feststellung eines solchen Willens sind strenge Anforderungen zu stellen. Schließt der in einem Insolvenzplan geregelte Teilerlass von Forderungen eine Aufrechnung mit diesen Forderungen nicht aus, kann das Einverständnis eines Insolvenzgläubigers mit dem Plan auch in seiner objektiven Bedeutung nicht als Erklärung des Inhalts ausgelegt werden, dass eine Abweichung von den gesetzlichen Rechtsfolgen zum eigenen Nachteil akzeptiert würde. Auch unter den im Streitfall gegebenen konkreten Umständen kann ein solcher Verzicht nicht angenommen werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des Erlasses des Bundesministeriums der Finanzen vom 17. Dezember 1998 über die Behandlung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis im Insolvenzverfahren (BStBl. I S. 1500). Unter Nr. 9.3 wird dort zu den Wirkungen eines bestätigten Insolvenzplans ausgeführt, soweit nach dem Insolvenzplan auf Abgabenforderungen zu verzichten sei, würden diese zu sogenannten unvollkommenen Forderungen, die zwar erfüllbar seien, aber gegenüber dem Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden dürften (Vollstreckungsverbot, Aufrechnungsverbot). Zur Frage des Fortbestands einer bereits bei Verfahrenseröffnung bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit nach § 94 InsO verhält sich der Erlass nicht. Schon deshalb gibt er keine Veranlassung, die Zustimmung der Vertreterin des Beklagten zum Insolvenzplan als Verzicht auf die durch § 94 InsO begründete Rechtsposition zu deuten.
Die Aufrechnung des Beklagten trotz der im Abstimmungstermin erklärten Zustimmung zum Insolvenzplan verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Zustimmung der Vertreterin des Beklagten zum Insolvenzplan erlaubte nicht den Schluss, der Beklagte werde nach Rechtskraft des Insolvenzplans zur Abwehr von Ansprüchen der Masse von einer bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit keinen Gebrauch mehr machen. Das Verhalten des Beklagten war deshalb nicht widersprüchlich.
III.
Das Berufungsurteil war danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und die Sache nach letzterem zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Aufrechnung nach § 387 BGB in Verbindung mit § 94 InsO liegen vor. Zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 29. Dezember 2006 hatte der Beklagte gegen die Schuldnerin eine fällige Umsatzsteuerforderung in einer die Forderungen der Schuldnerin auf Bezahlung von Bauleistungen (81.311,95 €) übersteigenden Höhe. Dies gilt zumindest im Hinblick auf die von der Schuldnerin für die Monate Oktober und November 2006 vorangemeldete, nach § 220 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 1 Satz 3 UStG am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums, somit am 10. November 2006 und am 10. Dezember 2006 fällige und bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht abgeführte Umsatzsteuer in Höhe von jeweils mehr als 200.000 €, auch wenn berücksichtigt wird, dass der Landesanteil des Beklagten nur 47 v.H. betrug (vgl. Anlage B 3, GA I 86). Der Umstand, dass ein Jahressteuerbescheid erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erging, ändert daran nichts (BFHE 189, 14, 22).