Eröffnungsantrag

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Form und Inhalt

Schriftform

Besonderheiten bei Verbrauchern

Der Eröffnungsantrag ist grundsätzlich schriftlich einzureichen (§ 13 Abs. 1 InsO). Dies gilt sowohl für den Fremd- wie auch für den Eigenantrag. Die Möglichkeit, einen Antrag zu Protokoll der Geschäftsstelle zu stellen, besteht noch für den Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 287 InsO, was gem. § 129a ZPO i.V.m. § 4 InsO vor jedem Amtsgericht geschehen kann.

Formularzwang

Mit § 13 Abs. 3 InsO ist das Bundesministerium der Justiz ermächtigt, für den Eigenantrag des Schuldners Formulare einzuführen, derer sich der Schuldner bedienen muss, ansonsten ist sein Eröffnungsantrag unzulässig. Im Verbraucherinsolvenzverfahren besteht für den Antrag des Schuldners bereits der Formularzwang des § 305 Abs. 5 InsO (vgl. Teil 12/3.3.5).

Antragstellung per Telefax und E-Mail

Die Übermittlung des Eröffnungsantrags durch Telefax ist zulässig, wobei der Antrag nicht erst mit dem Eingang des Originals, sondern bereits mit dessen Telekopie als eingegangen gilt. Seit dem 01.01.2018 kann der Antrag auch als elektronisches Dokument130a ZPO) gestellt werden. Ab 01.01.2022 sind Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument an die Gerichte zu übermitteln (§ 130d ZPO; vgl. AG Hamburg v. 21.02.2022 - 67h IN 29/22). Allenfalls wenn dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.

Bedingungsfeindlichkeit

Vorsorgliche Antragstellung

Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens darf weder an eine Frist noch an eine Bedingung geknüpft sein (HK-InsO/Sternal, § 13 Rdnr. 4; Graf-Schlicker/Kexel, InsO, 4. Aufl., § 13 Rdnr. 3). Jedoch ist es zulässig, den Antrag unter dem Vorbehalt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen (vgl. BGHZ 4, 328). Die Aussage des Antragstellers, "das Gericht möge ihn vor der Beauftragung eines Sachverständigen von dieser Absicht in Kenntnis setzen", stellt ebenfalls keine unzulässige Bedingung dar, wobei das Gericht jedoch nicht an diese Vorgabe gebunden ist. Dasselbe gilt für die (unverbindliche) Anregung an das Gericht, eine bestimmte Person zum Verwalter zu bestellen. Dagegen wäre ein Eröffnungsantrag, dessen Bestand davon abhängig gemacht wird, dass das Gericht kein Gutachten einholt, als unzulässig zurückzuweisen, ebenso der Gläubigerantrag, der nur für den Fall gestellt sein soll, dass nicht bereits ein Eröffnungsverfahren anhängig ist. Der Schuldnerantrag, der "rein vorsorglich" gestellt sein soll, ist ebenfalls unzulässig (AG Köln, NZI 2000, 284). Jedenfalls ist bei einem Antrag, der "vorsorglich" gestellt wird, durch Auslegung zu ermitteln, ob er an eine Bedingung gekoppelt und damit unzulässig ist (BGH v. 11.10.2007 - IX ZB 270/05).

Bestimmtheitserfordernis

Bestimmung der Verfahrensart

Der Antrag muss eindeutig zum Ausdruck bringen, dass damit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verfolgt wird. Fehlt es hieran und lässt sich auch durch Auslegung keine entsprechende Zielsetzung ermitteln, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Auf die Unterscheidung zwischen Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren muss dagegen weder der Gläubiger- noch der Schuldnerantrag ausdrücklich eingehen (LG Halle, ZInsO 2000, 227). Vom Gläubiger kann nicht erwartet werden, dass er die Verhältnisse des Schuldners umfangreich ermittelt, um eine zutreffende Abgrenzung vornehmen zu können. Ebenso ist aber auch dem Schuldner nicht zuzumuten, die Abgrenzungskriterien richtig zu beurteilen. Unterlässt es der Antragsteller allerdings, seinen Eröffnungsantrag trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts umzustellen, so ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen (OLG Köln, NZI 2000, 542).

Forderungsanmeldung stellt keinen Eröffnungsantrag dar

Die "Anmeldung einer Forderung" ist regelmäßig nicht als Insolvenzantrag aufzufassen. Zulässig ist aber die Anmeldung einer Forderung "für den Fall der Insolvenzeröffnung", denn der Eröffnungsantrag ist nicht gleichbedeutend mit der Forderungsanmeldung.

Daten der Beteiligten

Stammdaten der Beteiligten

Antragsteller und Antragsgegner müssen mit ladungsfähiger Anschrift angegeben werden, ebenso die jeweiligen gesetzlichen bzw. organschaftlichen Vertreter. Sind mehrere Personen zur Vertretung berechtigt, sind alle diese Personen mit Anschrift zu benennen. Die Angaben zum Wohnsitz bzw. zur gewerblichen Niederlassung des Schuldners gehören zu den unverzichtbaren Antragserfordernissen. Eine Glaubhaftmachung genügt insoweit nicht. Stellt sich die vom Antragsteller angegebene Anschrift des Schuldners als nicht mehr zutreffend heraus, ist es nach der Zulassung des Antrags allerdings Aufgabe des Gerichts, die aktuelle Anschrift zu ermitteln.

Bestellung eines Notgeschäftsführers

Der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person, die keinen organschaftlichen Vertreter hat, ist mangels Prozessfähigkeit der Schuldnerin zurückzuweisen (OLG Köln, ZIP 2000, 280; ggf. muss der Gläubiger die Bestellung eines Notgeschäftsführers betreiben: OLG Dresden, NZI 2000, 136; nach Ansicht des OLG Zweibrücken v. 12.04.2001 - 3 W 23/01 ist die Bestellung eines Verfahrens-/Prozesspflegers ausreichend; siehe Teil 3/1.2.1). Ist dagegen nur die Anschrift des Vertreters unbekannt, ist der Antrag grundsätzlich zulässig, dennoch obliegt es vor Zulassung des Antrags dem Gläubiger, die zustellungsfähige Anschrift des organschaftlichen Vertreters zu ermitteln. Richtet sich der Insolvenzantrag gegen eine Einzelfirma, ist der Firmeninhaber als Antragsgegner bzw. Schuldner mit dem Zusatz zu bezeichnen, dass dieser Inhaber der betreffenden Firma ist. Anders als im allgemeinen Prozessrecht genügt es nicht, wenn sich der Insolvenzantrag gegen die Firma ohne Angabe des Inhabers richtet.

Angaben zur Insolvenzfähigkeit

Im Handelsregister gelöschte GmbH

Zur Insolvenzfähigkeit des Schuldners hat der Eröffnungsantrag nur dann Ausführungen zu enthalten, wenn diese zweifelhaft ist. So ist z.B. in einem Eröffnungsantrag über das Vermögen einer im Handelsregister gelöschten GmbH schlüssig darzulegen, dass Gesellschaftsvermögen vorhanden ist. Daneben wäre in diesem Fall auch die zustellungsfähige Anschrift des vom zuständigen Registergericht bestellten Nachtragsliquidators anzugeben.

Begriff der Insolvenzfähigkeit

Begrifflich versteht sich die Insolvenzfähigkeit als gesetzlich normierte Fähigkeit eines Rechtsträgers oder einer Vermögensmasse, Schuldner bzw. "Gegenstand" eines Insolvenzverfahrens sein zu können. Es wäre deshalb zutreffender, von der Insolvenzverfahrensfähigkeit zu sprechen (vgl. Henckel, ZIP 2000, 2045). Allgemein gebräuchlich ist jedoch der Ausdruck "Insolvenzfähigkeit".

Prüfung von Amts wegen

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzt voraus, dass der betroffene Rechtsträger bzw. die betroffene Vermögensmasse insolvenzfähig ist (HK-InsO/Sternal, § 11 Rdnr. 4). Ist die Insolvenzfähigkeit nicht gegeben, ist der Eröffnungsantrag unzulässig und durch das Insolvenzgericht abzuweisen. Die Prüfung der Insolvenzfähigkeit hat das Gericht von Amts wegen vorzunehmen. Ein entsprechender Einwand des Antragsgegners ist demnach nicht erforderlich. Dem Antragsteller wird das Insolvenzgericht in Zweifelsfällen aufgeben, die Insolvenzfähigkeit näher darzulegen, um eine Zurückweisung des Antrags zu verhindern.

Heilung durch Verfahrenseröffnung

Wird über das Vermögen einer insolvenzunfähigen Person oder Personenvereinigung (z.B. Erbengemeinschaft) das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird der Mangel der Insolvenzfähigkeit durch die Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses mit der Folge geheilt, dass auch über das Vermögen einer insolvenzunfähigen Person oder Personenvereinigung das Verfahren durchzuführen ist (vgl. BGH, NJW 1991, 922).

Passive Parteifähigkeit

Die Insolvenzfähigkeit deckt sich weitgehend mit der passiven Parteifähigkeit nach der ZPO (§§ 50 Abs. 2 ZPO, 124 HGB). So kann grundsätzlich über das Vermögen jeder natürlichen und juristischen Person sowie über das Vermögen der OHG, der KG, der Partnerschaftsgesellschaft (§ 7 PartGG i.V.m. § 124 HGB), der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (Art. 1 Abs. 2 EWIV-VO) und des nicht rechtsfähigen Vereins das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Insoweit hat § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO nur deklaratorische Bedeutung.

BGB -Gesellschaft

Darüber hinaus ist nach § 11 Abs. 2 Nr. 1 InsO u.a. auch die BGB -Gesellschaft insolvenzfähig, soweit sie am Geschäftsverkehr teilnimmt und keine reine Innengesellschaft darstellt. Die BGB -Gesellschaft ist als solche nicht nur insolvenzfähig, sondern auch rechts- und parteifähig (BGH, ZIP 2001, 330). Sie wird im Verfahren durch die persönlich haftenden Gesellschafter vertreten. Den Gegenstand des Insolvenzverfahrens bildet das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen. Unberührt bleibt das Vermögen der einzelnen Gesellschafter, auch wenn diese für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften.

Vorgesellschaft

Mit der Einbeziehung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in den Kreis der insolvenzfähigen Personenvereinigung ist nunmehr auch die Insolvenzfähigkeit der Vorgesellschaft unabhängig davon gegeben, ob diese ein Handelsgewerbe betreibt; es genügt deren Teilnahme am Geschäftsverkehr. Fraglich kann dabei nur sein, ob sich das Verfahren nach dem Recht richtet, das auf die eingetragene Gesellschaft anzuwenden ist, oder nach den für die BGB -Gesellschaft maßgebenden Regelungen (vgl. BGH, ZIP 2003, 2123).

Vorgründungsgesellschaft

Ebenso kann über das Vermögen einer Vorgründungsgesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet werden, soweit diese bereits am Geschäftsverkehr teilgenommen hat und damit zur BGB -(Außen-)Gesellschaft bzw. zur OHG geworden ist. Ansonsten, d.h., wenn die bisherige Tätigkeit nur in der Vorbereitung der Gesellschaftsgründung bestand, liegt eine nicht insolvenzfähige BGB -Innengesellschaft vor.

Fehlerhafte Gesellschaft

Eine in Vollzug gesetzte fehlerhafte Gesellschaft ist hinsichtlich des von ihr gebildeten Gesellschaftsvermögens insolvenzfähig i.S.v. § 11 Abs. 1, 2 Nr. 1 InsO (BGH v. 16.10.2006 - II ZB 32/05).

Liquidationsgesellschaft

Insolvenzfähig sind auch die Liquidationsgesellschaften. Für die Zwecke des Insolvenzverfahrens besteht eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit trotz Auflösung fort, solange die Verteilung des Vermögens nicht vollzogen ist (§ 11 Abs. 3 InsO).

Gelöschte Gesellschaft

Ist die juristische Person oder die Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit bereits im Handelsregister gelöscht, was nach § 394 FamFG grundsätzlich die Vermögenslosigkeit voraussetzt, findet eine Liquidation (sog. Nachtragsliquidation) dann statt, wenn sich nach der Löschung herausstellt, dass Vermögen vorhanden ist, das der Verteilung unterliegt (vgl. § 145 Abs. 3 HGB; § 264 Abs. 2 AktG; § 66 Abs. 5 GmbHG; § 83 Abs. 5 GenG). In diesem Fall ist demnach auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen der gegebenen Liquidationsgesellschaft möglich. Die zur Vertretung des Schuldners ermächtigten Liquidatoren bzw. Abwickler sind auf Antrag eines Beteiligten durch das Registergericht zu ernennen. Diesen ist der Eröffnungsantrag zuzustellen.

Wohnungseigentümergemeinschaft

Über das Vermögen der rechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft findet ein Insolvenzverfahren nicht statt (§ 9a Abs. 5 WEG).

Englische Limited

Eine englische Limited ist in Deutschland als insolvenzfähig anzusehen (vgl. AG Saarbrücken v. 25.02.2005 - 106 IN 3/05).

Juristische Personen des öffentlichen Rechts

Juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie Körperschaften des öffentlichen Rechts, Stiftungen und rechtlich selbständige Anstalten, sind grundsätzlich insolvenzfähig (§ 11 Abs. 1 InsO). Davon abweichend bestimmt § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass über das Vermögen des Bundes oder eines Landes kein Insolvenzverfahren eröffnet werden kann. Dasselbe gilt für Kirchen, kirchliche Einrichtungen und ihre Organisationen als kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts. Darüber hinaus kann durch Landesrecht gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Unzulässigkeit des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer juristischen Person bestimmt werden, die der Aufsicht eines Landes untersteht, wie dies z.B. für Gemeinden und Gemeindeverbände der Fall ist. Hiervon haben die einzelnen Bundesländer bereits im Anwendungsbereich der KO, z.B. für öffentliche Sparkassen oder öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten, Gebrauch gemacht (zur Zulässigkeit landesrechtlicher Vorschriften über die Insolvenzfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts vgl. BVerfGE 65, 359). Soweit eine ansonsten insolvenzunfähige Person Gesellschafterin einer GmbH oder einer BGB -Gesellschaft ist, sind diese Gesellschaften uneingeschränkt insolvenzfähig.

Stille Gesellschaft

Die stille Gesellschaft und die Innengesellschaft sind nicht insolvenzfähig. Es sind lediglich die Insolvenzverfahren über das Vermögen der jeweiligen Inhaber der Gesellschaft möglich. Zur Insolvenzfähigkeit der Gütergemeinschaft siehe auch Teil 10/4.

Ein als nicht eingetragener Verein organisierter Gebietsverband einer politischen Partei ist insolvenzfähig (BGH v. 17.12.2020 - IX ZB 4/18).