BVerfG - Beschluß vom 02.05.1994
1 BvR 549/94
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 1 Art. 20 Abs. 3 ; ZPO § 765a ;
Fundstellen:
BVerfG, HdM Nr. 81
NJW 1994, 1719
Rpfleger 1994, 470
Vorinstanzen:
AG Tettnang, vom 30.11.1993 - Vorinstanzaktenzeichen M 1268/93
LG Ravensburg, vom 04.03.1994 - Vorinstanzaktenzeichen 4 T 393/93

Aussetzung der Zwangsräumung bei einem 70jährigen Mieter wegen Suizidgefahr

BVerfG, Beschluß vom 02.05.1994 - Aktenzeichen 1 BvR 549/94

DRsp Nr. 1995/65

Aussetzung der Zwangsräumung bei einem 70jährigen Mieter wegen Suizidgefahr

Die Frage, ob die Zwangsräumung zum Suizid des Räumungsschuldners führen kann, muß unabhängig davon beantwortet werden, ob die Suizidalität auf psychischer Erkrankung oder auf anderen - persönlichkeitsbedingten - Ursachen beruht, die sich für den Betroffenen als innerer Zwang auswirken.

Normenkette:

GG Art. 2 Abs. 2 S. 1 Art. 20 Abs. 3 ; ZPO § 765a ;

Gründe:

A. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen die Versagung des besonderen Vollstreckungsschutzes nach § 765 a ZPO.

I. 1. Der 70jährige Beschwerdeführer hatte für Verbindlichkeiten seines Unternehmens sein Privatgrundstück belastet. Das Grundstück ist mit einem repräsentativen Wohnhaus bebaut, in dem der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau lebt. Das Unternehmen des Beschwerdeführers wurde zahlungsunfähig. Aufgrund eines rechtskräftigen Zuschlagsbeschlusses betreibt die Gläubigerbank die Zwangsvollstreckung in das Grundstück. Der Beschwerdeführer lebt derzeit von einer monatlichen Rente von 321,- DM und wird im übrigen von seinen nicht vermögenden Kindern unterstützt. Über eine weitergehende Altersversorgung verfügt er nicht. Er zahlt der Gläubigerin keine Nutzungsentschädigung und bemüht sich auch nicht um eine kleinere Wohnung.