OVG Hamburg - Urteil vom 07.12.2022
5 Bf 207/21
Normen:
VwVfG § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 Alt. 2 und S. 4; SVG § 11 Abs. 2 S. 2;
Fundstellen:
D_V 2023, 403
Vorinstanzen:
VG Hamburg, vom 09.04.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 20 K 5977/17

Rücknahme eines Bewilligungsbescheids über Übergangsgebührnisse zugunsten eines Soldaten; Entlasten eines Bewilligungsempfängers vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit

OVG Hamburg, Urteil vom 07.12.2022 - Aktenzeichen 5 Bf 207/21

DRsp Nr. 2023/1954

Rücknahme eines Bewilligungsbescheids über Übergangsgebührnisse zugunsten eines Soldaten; Entlasten eines Bewilligungsempfängers vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit

1. Eine Unkenntnis beruht i.S.d. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Alt. 2 VwVfG auf grober Fahrlässigkeit, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt, gemessen an seinen individuellen Fähigkeiten, in besonders schwerem Maße verletzt hat, sich ihm also nach einer Parallelwertung in der Laiensphäre aufdrängen musste, die Leistung zu Unrecht zu erhalten.2. Die Rechtswidrigkeit eines Bewilligungsbescheids über Übergangsgebührnisse nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) muss sich dem Empfänger aufdrängen, wenn bereits der Tenor des Bescheids einen augenfälligen Widerspruch enthält und in einem anliegenden Merkblatt unmissverständlich auf die geltende Rechtslage hingewiesen wird.3. Eine telefonische Erkundigung nach dem "Ist-Stand" der Akten bei der Behörde genügt in diesem Fall nicht, um den Bewilligungsempfänger vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu entlasten.4. Bei der Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG handelt es sich um eine ermessenslenkende Vorschrift, die der Wiederherstellung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach der gesetzgeberischen Konzeption regelmäßig Vorrang vor den Schutzgütern der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einräumt.

Tenor