BVerfG - Beschluss vom 05.11.2007
1 BvR 2246/07
Normen:
ZPO § 765a ; GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 ;
Fundstellen:
WM 2007, 2297
Vorinstanzen:
LG Hannover, vom 13.08.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 8 T 20/07

Verfassungsmäßigkeit der Ablehnung der Einstellung der Räumungsvollstreckung wegen Suizidgefahr

BVerfG, Beschluss vom 05.11.2007 - Aktenzeichen 1 BvR 2246/07

DRsp Nr. 2007/23253

Verfassungsmäßigkeit der Ablehnung der Einstellung der Räumungsvollstreckung wegen Suizidgefahr

Ist ein schwerwiegender Eingriff in das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG konkret zu besorgen, so kann eine an dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit orientierte Abwägung zwischen den widerstreitenden, grundrechtlich geschützten Interessen der an der Zwangsvollstreckung Beteiligten zu einem Vorrang der Belange des Schuldners führen und gebieten, dass die Vollstreckung aus einem vollstreckbaren Titel für einen gewissen, auch längeren Zeitraum einzustellen ist. Die Suizidgefahr des Räumungsschuldners kann nicht unter Hinweis darauf, dass der Ehegatte und das Vormundschaftsgericht gehalten sein, bei einer akuten Krisensituation geeignete Maßnahmen zu veranlassen, effektiv ausgeschlossen werden.

Normenkette:

ZPO § 765a ; GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zwangsräumung einer Wohnung bei Suizidgefahr.

I. 1. Die Beschwerdeführerin war Eigentümerin einer von ihr bewohnten Eigentumswohnung. Das Eigentum ging im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens auf eine Gläubigerin über, die nunmehr die Räumungsvollstreckung betreibt. Die Beschwerdeführerin beantragte die Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 765a ZPO wegen akuter Suizidgefahr.