LAG Thüringen - Urteil vom 12.07.2018
3 Sa 104/16
Normen:
SGB IX a.F. § 85; SGB IX a.F. § 90 Abs. 2a; BGB § 133; BGB § 157; BGB § 305; BGB § 307 Abs. 1; BGB § 615; EFZG § 3; EFZG § 5 Abs. 1 S. 1-2; GewO § 34a; BGB § 323 Abs. 2; BGB § 314 Abs.2;
Vorinstanzen:
ArbG Gera, vom 09.12.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 7 Ca 481/14

Keine Nachweispflicht über die Anerkennung als schwerbehinderter MenschDoppelt verlautbarte Kündigung durch doppelte Versendung der KündigungserklärungVerhältnismäßigkeitsprinzip und Abmahnung vor verhaltensbedingter ordentlicher KündigungTransparenzgebot bei vorformulierten Arbeitsverträgen

LAG Thüringen, Urteil vom 12.07.2018 - Aktenzeichen 3 Sa 104/16

DRsp Nr. 2019/8548

Keine Nachweispflicht über die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch Doppelt verlautbarte Kündigung durch doppelte Versendung der Kündigungserklärung Verhältnismäßigkeitsprinzip und Abmahnung vor verhaltensbedingter ordentlicher Kündigung Transparenzgebot bei vorformulierten Arbeitsverträgen

1. § 90 Abs. 2a SGB IX spricht nur von einem objektiv existierenden behördlichen Nachweis über eine festgestellte Schwerbehinderung des Arbeitnehmers, nicht von dessen Pflicht, den Nachweis auch seinem Arbeitgeber vorzulegen. Ziel des Gesetzgebers bei der Einführung des §§ 90 Abs. 2a SGB IX war es, solche Missbrauchsfälle einzugrenzen, in denen ein Arbeitnehmer kurz vor einer Kündigung einen von vorne hinein aussichtslosen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch stellt, um das Risiko des Arbeitgebers im Kündigungsschutzprozess scheinbar zu erhöhen. Zur Verhinderung eines solchen Missbrauchs müssen dem schwerbehinderten Arbeitnehmer aber keine über den objektiv erlangten Nachweis hinausgehenden Hürden auferlegt werden. Eine Nachweispflicht gegenüber dem Arbeitgeber ist weder im Wortlaut des § 90 Abs. 2a SGB IX noch sonst gesetzlich verankert.