OLG Hamm - Beschluss vom 22.12.2009
1 Ss OWi 960/09
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1; StPO § 100h; StPO § 261;
Vorinstanzen:
AG Unna, - Vorinstanzaktenzeichen 244 Js 852/09

Beweiserhebungsverbot bei nicht anlassbezogener Geschwindigkeitsmessung mittels Videoaufzeichnung; Fehlen eines Beweisverwertungsverbots

OLG Hamm, Beschluss vom 22.12.2009 - Aktenzeichen 1 Ss OWi 960/09

DRsp Nr. 2010/2390

Beweiserhebungsverbot bei nicht anlassbezogener Geschwindigkeitsmessung mittels Videoaufzeichnung; Fehlen eines Beweisverwertungsverbots

1. Eine Geschwindigkeitsmessung mittels Videoaufzeichnung des gesamten auflaufenden Verkehrs ist rechtswidrig, da es für den damit verbundenen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung an einer Ermächtigungsgrundlage fehlt. 2. Der Einsatz technischer Mittel im Sinne des § 100h StPO, insbesondere die Herstellung von Bildaufnahmen, ist nur bei Vorliegen des Verdachts einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit zulässig. 3. Ein Beweisverwertungsverbot ist ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung nur ausnahmsweise aus übergeordneten wichtigen Gesichtspunkten im Einzelfall anzunehmen, wenn einzelne Rechtsgüter durch Eingriffe fern jeder Rechtsgrundlage so massiv beeinträchtigt werden, dass dadurch das Ermittlungsverfahren als ein nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geordnetes Verfahren nachhaltig geschädigt wird. Insoweit wird ein Beweisverwertungsverbot dann angenommen, wenn die zur Fehlerhaftigkeit der Ermittlungsmaßnahmen führenden Verfahrensverstöße derart schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden.

Tenor