BGH - Urteil vom 30.11.2010
VI ZR 15/10
Normen:
StVG § 7 Abs. 1; StVG § 17 Abs. 2; StVO § 7 Abs. 5;
Fundstellen:
DAR 2011, 134
MDR 2011, 157
NJW 2011, 685
NZV 2011, 177
VersR 2011, 234
r+s 2011, 81
Vorinstanzen:
AG Aachen, vom 01.10.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 117 C 133/09
LG Aachen, vom 08.01.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 6 S 168/09

Haftungsverteilung bei einem Auffahrunfall zweier Fahrzeuge beim Abfahren von der Autobahn

BGH, Urteil vom 30.11.2010 - Aktenzeichen VI ZR 15/10

DRsp Nr. 2011/285

Haftungsverteilung bei einem Auffahrunfall zweier Fahrzeuge beim Abfahren von der Autobahn

Zum Anscheinsbeweis bei einem Auffahrunfall beim Verlassen der Autobahn.

Steht lediglich fest, dass sich ein Auffahrunfall in zeitlichem und räumlichem Zusammenhang mit einem Überholvorgang kurz vor der Ausfahrt einer Autobahn ereignet hat, an der beide Verkehrsteilnehmer die Autobahn verlassen haben, so liegt eine Verkehrssituation vor, die sich von derjenigen, die den Schluss auf ein Verschulden des Auffahrenden zulässt, grundlegend unterscheidet. Kommt hinzu, dass die Schäden an den Fahrzeugen sich nicht überdecken, so gilt nicht mehr der Erfahrungssatz, dass der Auffahrende diesen Unfall infolge zu hoher Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit und/oder unzureichendem Sicherheitsabstand verschuldet hat. Mindestens ebenso nahe liegt der Schluss, dass der Überholende zuvor gegen die hohen Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO verstoßen und sich im Bereich der Ausfahrt in einem so geringen Abstand vor das überholte Fahrzeug gesetzt hat, dass der Sicherheitsabstand vom Überholten nicht mehr rechtzeitig vergrößert werden konnte und beim plötzlichen Abbremsen des Überholenden nicht mehr ausreichte. Ist der genaue Unfallhergang weiterhin nicht nachweisbar, so ist eine hälftige Schadensteilung angemessen.