OLG Hamm - Urteil vom 02.09.2022
7 U 5/21
Normen:
StVG § 7; StVG § 17 Abs. 2; StVO § 1 Abs. 2; StVO § 10; StVO § 6; StVO § 7 Abs. 5 S. 1;
Fundstellen:
r+s 2023, 273
Vorinstanzen:
LG Bochum, vom 29.12.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 364/18

Haftungsverteilung bei Kollision eines ein am Fahrbahnrand wartendes Fahrzeug überholenden Fahrzeugs mit einem vor dem wartenden Fahrzeug ausparkenden Pkw

OLG Hamm, Urteil vom 02.09.2022 - Aktenzeichen 7 U 5/21

DRsp Nr. 2023/841

Haftungsverteilung bei Kollision eines ein am Fahrbahnrand wartendes Fahrzeug überholenden Fahrzeugs mit einem vor dem wartenden Fahrzeug ausparkenden Pkw

1. Wer ein auf seiner Fahrspur haltendes Fahrzeug überholt, muss im Rahmen des Rücksichtnahmegebotes nach § 1 Abs. 2 StVO eine mäßige Behinderung seiner Weiterfahrt durch ein vor dem haltenden Fahrzeug ausparkendes Fahrzeug hinnehmen und das von ihm geführte Fahrzeug abbremsen, um dem ausparkenden Fahrzeug den Abschluss des Ausparkvorgangs zu ermöglichen (in Fortschreibung zu BGH Urt. v. 8.3.2022 - VI ZR 1308/20, NJW 2022, 1810 Rn. 16).2. In einer solchen innerorts nicht seltenen Situation einer "Fahrbahnblockade" zum Zwecke, ein Aus- und anschließendes Einparken zu ermöglichen, greift kein Anscheinsbeweis für einen Verstoß gegen § 10 Satz 1 StVO zu Lasten des Ausparkenden.3. In einer solchen Situation ist der Ausparkende zudem nicht verpflichtet, gänzlich vom Ausparken Abstand zu nehmen, sich durch einen gesonderten Einweiser einweisen zu lassen oder nur schrittweise auszuparken, jedenfalls wenn - wie hier - der einzig vorhandene Fahrstreifen durch das haltenden Fahrzeug nicht nur blockiert, sondern auch noch durch eine durchgezogene Mittellinie, die grundsätzlich nicht überfahren werden darf, abgetrennt ist.