BVerfG - Beschluß vom 16.05.1995
2 BvR 1882/92; 2 BvR 365/93
Normen:
GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, GG Art. 2 Abs. 1 ; StVollzG § 2 § 31 Abs. 1 ;
Fundstellen:
NStZ 1996, 55
NStZ-RR 1996, 28
ZfStrVo 1996, 111
Vorinstanzen:
LG Augsburg, vom 15.01.1992 - Vorinstanzaktenzeichen NöStVK 8/91
OLG München, vom 23.09.1992 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ws 270/92
LG Augsburg, vom 04.12.1991 - Vorinstanzaktenzeichen NöStVK 8/91
OLG München, vom 29.12.1992 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ws 105/92

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Briefanhaltungen im Strafvollzug

BVerfG, Beschluß vom 16.05.1995 - Aktenzeichen 2 BvR 1882/92; 2 BvR 365/93

DRsp Nr. 1996/4242

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Briefanhaltungen im Strafvollzug

1. Angesichts der großen Bedeutung, die das Vollzugsziel für die Ausgestaltung der Haft hat, vermag schon die Annahme, der Brief gefährde hinsichtlich des Adressaten das Vollzugsziel, die Anhaltung verfassungsrechtlich zu rechtfertigen.2. Im Hinblick auf die Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit vermag nur eine grobe Beleidigung die Anhaltung eines Briefes zu rechtfertigen.

Normenkette:

GG Art. 1 Abs. 1 Art. 2 Abs. 1 Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, GG Art. 2 Abs. 1 ; StVollzG § 2 § 31 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerden betreffen Briefanhaltungen im Strafvollzug.

Der Beschwerdeführer verbüßt eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerem Raub, einer Tat, die er zusammen mit einem ebenfalls verurteilten Freund begangen hatte. Anfangs verbüßten beide die Strafen in der Justizvollzugsanstalt K.; im August1991 wurde der Beschwerdeführer in die Justizvollzugsanstalt S. verlegt, während sein Mittäter in der Justizvollzugsanstalt K. verblieb.

I. 1. Dem Verfahren 2 BvR 1882/92 liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Am 10. September 1991 richtete der Beschwerdeführer an seinen Freund und Mittäter einen Brief, der unter anderem folgende Passage enthielt: