BVerfG - Beschluß vom 12.11.1987
2 BvR 1388/87
Normen:
GG Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 ; StVollzG § 54 ;
Fundstellen:
KirchE 25, 352
NStE Nr. 3 zu § 54 StVollzG
NStZ 1988, 573
ZevKR 1989, 469
ZfStrVo 1988, 190
Vorinstanzen:
LG Koblenz, vom 30.04.1987 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Vollz 183/86
OLG Koblenz, vom 28.09.1987 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Vollz (Ws) 35/87

Umfang der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit im Strafvollzug

BVerfG, Beschluß vom 12.11.1987 - Aktenzeichen 2 BvR 1388/87

DRsp Nr. 1994/2536

Umfang der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit im Strafvollzug

Das Grundrecht der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit gewährleistet nicht, daß der sich im gelockerten Vollzug befindliche Gefangene eine bestimmte, nur im geschlossenen Vollzug angebotene Veranstaltung besuchen kann.

Normenkette:

GG Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 ; StVollzG § 54 ;

Gründe:

Die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG umfaßt nicht nur die (innere) Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, sondern auch die äußere Freiheit, den Glauben in der Öffentlichkeit zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten. Dazu gehört auch das Recht des einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren des Glaubens auszurichten und seiner inneren Glaubensüberzeugung gemäß zu handeln. In diesem Sinne enthält Art. 4 Abs. 1 und 2 GG nicht nur ein individuelles Abwehrrecht, das dem Staat die Einmischung in den höchstpersönlichen Bereich des Einzelnen verbietet, sondern es gebietet auch in positivem Sinn, Raum für die aktive Betätigung der Glaubensüberzeugung und die Verwirklichung der autonomen Persönlichkeit auf weltanschaulich-religiösem Gebiet zu sichern. Art. 4 GG schützt die negative wie die positive Äußerungsform der Religionsfreiheit gleichermaßen gegen Beeinträchtigung durch den Staat (BVerfGE 41, 29 [49]).