2/4 06/2021 - 147. AL

2/4.1 Möglicher Rücktritt vom Erbvertrag gegenüber einem Geschäftsunfähigen

BGH, Beschluss vom 27.01.2021 - XII ZB 450/20

Redaktionelle Leitsätze

1. Wird der andere Vertragsschließende geschäftsunfähig, schließt das den vertraglich vorbehaltenen Rücktritt vom Erbvertrag ihm gegenüber nicht aus.

2. Der Rücktritt vom Erbvertrag kann bei Geschäftsunfähigkeit des anderen Vertragsschließenden wirksam gegenüber dessen Vorsorgebevollmächtigten erfolgen; der Einsetzung eines gerichtlichen Betreuers bedarf es nicht.

Sachverhalt

Noch vor ihrer Heirat schlossen die späteren Eheleute im Jahr 2006 einen notariellen Erbvertrag ab und behielten sich den notariell zu beurkundenden Rücktritt von diesem Erbvertrag vor.

Anfang 2015 erteilte die Ehefrau ihren beiden Kindern eine umfassende privatschriftliche Vorsorgevollmacht. Mit notarieller Urkunde aus dem Jahr 2020 erklärte der Ehegatte (Kläger) den Rücktritt vom Erbvertrag. Die Urkunde zum Rücktritt wurde der Ehefrau und der bevollmächtigten Tochter zugestellt.

Wegen Bedenken hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit der Ehegattin beantragte der Kläger beim Amtsgericht die Bestellung eines gerichtlichen Betreuers für die Ehefrau zur Entgegennahme der Rücktrittserklärung.

Amtsgericht und Landgericht lehnten dieses Ansinnen ab, weil die Betreuerbestellung im Hinblick auf die der Tochter erteilte Vorsorgevollmacht nicht erforderlich sei.