6.1.12 Ausnahmen von der Anwesenheitspflicht - Abwesenheit wegen ordnungswidrigen Benehmens, § 231b StPO

Autor: Staub

6.1.12.1 Grundlagen

§ 231b StPO berechtigt das Gericht, ohne den Angeklagten weiter zu verhandeln, wenn dieser wegen ordnungswidrigen Benehmens

aus dem Sitzungssaal entfernt oder

zur Haft abgeführt wurde

und das Gericht seine weitere Anwesenheit nicht für unerlässlich hält. Hierzu reicht allerdings nicht jedes Fehlverhalten (wie etwa Unhöflichkeiten) aus. Vielmehr muss zu befürchten sein, dass durch das Verhalten des Angeklagten der Ablauf der Hauptverhandlung in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird (siehe § 231b Abs. 1 Satz 1 a.E. StPO). Die erwarteten Störungen müssen also erheblich sein. Im Gegensatz zu § 231a StPO muss der Angeklagte nicht den Willen oder das Bewusstsein haben, den Ablauf der Verhandlung zu beeinträchtigen. § 231b StPO dient der Sicherung des Ablaufs der Hauptverhandlung. Sobald die Störungen nicht mehr zu erwarten sind, ist der Angeklagte zur Verhandlung wieder zuzulassen.

6.1.12.2 Voraussetzungen

In § 177 GVG ist beschrieben, was "ordnungswidriges Benehmen" ist. Dieses ist dann gegeben, wenn den zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anordnungen nicht Folge geleistet wird. Allerdings muss die Anordnung verständlich sein und vom Angeklagten auch verstanden worden sein. Die erwarteten Störungen müssen erheblich sein.