2.2.1 Einsicht in den Jahresgeschäftsverteilungsplan

Autoren: Lucke/Jänicke

Kurzüberblick

Der Besetzungseinwand nach § 222b StPO unterliegt strengen Begründungsanforderungen. Er muss (ohne Bezugnahmen auf Akteninhalte) derart umfassend begründet werden, dass sich aus den mitgeteilten Tatsachen die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts ergibt (BGH, Urt. v. 07.09.2016 - 1 StR 422/15, BeckRS 2016, 19822, Rdnr. 29; OLG Celle, Beschl. v. 27.01.2020 - 3 Ws 21/20).

Um die vorschriftsgemäße Gerichtsbesetzung prüfen und die Begründungserfordernisse erfüllen zu können, muss der Verteidiger Einsicht in sämtliche für die Besetzung maßgeblichen Unterlagen nehmen.

Aus § 222a Abs. 3 StPO ergibt sich ein (allgemein formuliertes) Recht des Verteidigers auf Einsicht in alle relevanten Besetzungsunterlagen (BGH, Urt. v. 07.09.2016 - 1 StR 422/15, BeckRS 2016, 19822, Rdnr. 26; BGH, NJW 1999, 154). Ein Einsichtsrecht in den Geschäftsverteilungsplan folgt zudem unmittelbar aus § 21e Abs. 9 GVG.

Sachverhalt

Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Y ist nach dem wirksamen Geschäftsverteilungsplan zuständig, über eine gegen den Angeklagten A erhobene Anklage vom 01.10.2019 zu entscheiden. Dazu fasst die 1. Große Strafkammer am 15.01.2020 mit drei Berufsrichtern einen Eröffnungs- und Besetzungsbeschluss. Dem Angeklagten und auch dem Verteidiger werden am 02.03.2020 eine Besetzungsmitteilung und eine Ladung für den Beginn der Hauptverhandlung am 01.04.2020 zugestellt.