6.1.11 Ausnahmen von der Anwesenheitspflicht - durch den Angeklagten herbeigeführte Verhandlungsunfähigkeit, § 231a StPO

Autor: Staub

6.1.11.1 Grundlagen

§ 231a StPO regelt die von dem Angeklagten herbeigeführte Verhandlungsunfähigkeit. Es handelt sich um eine Muss-Vorschrift mit Ausnahmecharakter (Meyer-Goßner/Schmitt, § 231a Rdnr. 2 mit Hinweis auf BGHSt 26, 228, 241) - anders als die anderen Ausnahmetatbestände, die regelmäßig Kann-Vorschriften sind. Im Wortlaut der Vorschrift ist eine Mehrzahl von gesetzlichen Voraussetzungen angegeben.

6.1.11.2 Voraussetzungen

§ 231a Abs. 1 Satz 1 StPO definiert die herbeigeführte Verhandlungsunfähigkeit dahingehend, dass der Angeklagte "vorsätzlich und schuldhaft" handelt. Vorsatz und Schuld sind nach allgemeinen Voraussetzungen festzustellen, d.h., bedingter Vorsatz reicht aus, Schuldunfähigkeit i.S.d. § 20 StGB wird verneint (Meyer-Goßner/Schmitt, § 231a Rdnr. 8).

Der Angeklagte muss sich in einen seine Verhandlungsunfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt haben. Die Verhandlungsunfähigkeit muss nicht eine absolute sein und auch nicht auf Dauer angelegt sein; es reicht auch eine kürzere Zeitspanne.

Die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestimmt sich nach allgemeinen Grundsätzen. Das heißt: Es muss die Fähigkeit bestehen, in oder außerhalb der Hauptverhandlung die eigenen Interessen vernünftig wahrzunehmen, die Verteidigung in verständiger und verständlicher Weise zu führen und Prozesserklärungen abzugeben und entgegenzunehmen (, § 231a Rdnr. 5, Rdnr. 8, Einl. Rdnr. 97).