6.1.14 Ausnahmen von der Anwesenheitspflicht - Durchführung der Hauptverhandlung trotz Ausbleibens (Ungehorsamsverhandlung, § 232 StPO)

Autor: Staub

6.1.14.1 Grundlagen und Voraussetzungen

Eine in der Praxis ebenfalls selten angewandte Vorschrift ist die Abwesenheitsverhandlung als Ungehorsamsverhandlung nach § 232 StPO, wonach in Strafsachen von geringer Bedeutung ohne den Angeklagten die Hauptverhandlung durchgeführt werden kann, wenn der Angeklagte nicht erscheint. In der Praxis wird bei solchen Strafsachen wohl eher das Strafbefehlsverfahren nach §§  407 ff. StPO bevorzugt.

Im Gesetz ist eine Mehrzahl von Voraussetzungen benannt. Nach § 232 Abs. 1 Satz 1 StPO darf es sich nur um Fälle mit bestimmter Straferwartung von einer Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung handeln. Nach § 232 Abs. 1 Satz 2 StPO darf eine höhere Strafe in diesem Verfahren nicht verhängt werden. Jedoch ist die Entziehung der Fahrerlaubnis möglich, wenn der Angeklagte in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 232 Abs. 1 Satz 3 StPO).

Der Angeklagte muss in der Ladung darauf hingewiesen worden sein, dass in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann (§ 232 Abs. 1 Satz 1 StPO). Diese Ladung darf jedoch nicht durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt worden sein (§ 232 Abs. 2 StPO).