8.2.6 Aussetzung wegen unvollständiger oder nicht rechtzeitiger Gewährung von Akteneinsicht

Autor: Freyschmidt

Kurzüberblick

Zwischen Akteneinsicht und Hauptverhandlung muss ein angemessener Zeitraum liegen. Die Verteidigerin muss daher zur sachgemäßen Wahrnehmung der prozessualen Rechte des Angeklagten auf eine ausreichende Vorbereitungszeit bestehen (BGH, NJW 1964, 2164).

Für eine notwendige wirksame Wahrnehmung der Interessen des Angeklagten ist vorauszusetzen, dass die Verteidigerin den Sachverhalt ausreichend kennt, ggf. genügend über das bisherige Verteidigungsverhalten des Angeklagten und dessen Vorstellung, wie er sich weiter zu verteidigen wünscht, informiert ist und ein klares Bild von den Möglichkeiten gewinnen konnte, die für eine sachgemäße Verteidigung relevant sind (BGH, NStZ 2009, 650). Das gilt auch, wenn während der Hauptverhandlung weiteres Aktenmaterial zur Akte gelangt, von dem die Verteidigung bis dahin keine Kenntnis hatte (KG, StV 1982, 8).

Durch das "Nachschieben" von Dokumenten wird eine veränderte Sachlage i.S.d. § 265 Abs. 4 StPO geschaffen, denn die Beweisaufnahme wird auf Fragen zu erstrecken sein, für die die neu vorgelegten Unterlagen von Bedeutung sein können.

Fehlt die Akteneinsicht vollständig, so kann der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens auf § 228 Abs. 1 StPO gestützt werden.

Sachverhalt