9.2.21 Ablehnung wegen Vorbefassung bei (zu) kurzer Stellungnahmefrist

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Die bloße Vorbefassung mit dem Verfahrensgegenstand genügt nicht, um aus Sicht eines vernünftigen Angeklagten Zweifel an der notwendigen Unparteilichkeit aufkommen zu lassen (BGH, Beschl. v. 19.04.2018 - 3 StR 23/18). Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die über die Vorbefassung als solche hinausgehen (BGH, Beschl. v. 17.12.2009 - 3 StR 367/09).

Maßnahmen der Verhandlungsführung sind nur dann geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, wenn sie auf einer willkürlichen oder grob fehlerhaften Rechtsanwendung beruhen (BGH, Urt. v. 23.09.2015 - 2 StR 434/14; BGH, Urt. v. 11.06.2014 - 2 StR 489/13; BGH, Beschl. v. 19.04.2018 - 3 StR 23/18).

Liegt nach einem Befangenheitsantrag die dienstliche Stellungnahme des abgelehnten Richters vor, und ist diese von geringem Umfang, ist es nicht Ausdruck unsachgemäßer Verhandlungsführung, wenn dem Verteidiger eine entsprechend kurze Stellungnahmefrist gesetzt wird; ein hierauf gestützter Ablehnungsantrag ist insbesondere dann unbegründet, wenn der Verteidiger die Frist zur Stellungnahme ohne Beanstandung hingenommen hat (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 09.04.2019 - 1 OLG 2 Ss 56/18).

Sachverhalt