9.2.5 Verhandlungsleitung versus Verteidigung (Spannungsverhältnis zwischen Richter und Verteidiger)

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Generelle Spannungen zwischen dem Richter und dem Verteidiger führen nicht ohne Weiteres zur Besorgnis der Befangenheit (BGH, Urt. v. 18.10.2012 - 3 StR 208/12, NStZ-RR 2013, 168).

Von der Besorgnis der Befangenheit kann erst dann (ausnahmsweise) ausgegangen werden, wenn sich Äußerungen/Prozesshandlungen manifestieren, die so schwerwiegend sind, dass sich die vermutete Unvoreingenommenheit des Richters geradezu aufdrängt (SSW/Kudlich/Noltensmeier, § 24 Rdnr. 21).

Sachverhalt

Der Angeklagten wird mit der Anklageschrift zur Last gelegt, am 01.05. im Rahmen einer genehmigten Demonstration bewusst und gewollt mittels einer Bierflasche die Fensterscheibe einer Bäckereifiliale, begleitet von der Parole "Imperialisten raus!", eingeschlagen zu haben. Dem Eigentümer sei hierdurch ein Sachschaden i.H.v. 400 € entstanden.

Zum Auftakt der Verhandlung erscheinen sowohl die Angeklagte (wie bereits am 01.05.) als auch der Pflichtverteidiger komplett in Rot gekleidet. Der Vorsitzende stellt fest, dass der Verteidiger unter der Robe einen roten Pullover trägt und nicht erkennbar ist, ob darunter auch ein Langbinder getragen wird. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob der Verteidiger mit einem solchen bekleidet sei, antwortet dieser: "Mit Verlaub Herr Vorsitzender, diese Frage werde ich Ihnen nicht beantworten."