9.2.61 Ehe zwischen Rechtsmittelrichter und sachbearbeitender Staatsanwältin als Berufungsführerin

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Die eheliche oder verwandtschaftliche Beziehung zwischen dem Richter und der zuständigen Staatsanwältin führen nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände zur Besorgnis der Befangenheit; dies ergibt sich daraus, dass die Ausschließungsgründe von §§ 22, 23 StPO grundsätzlich erschöpfend geregelt sind (LG Freiburg, Beschl. v. 22.01.2021 - 17/19 6 Ns 270 Js 36278/18).

Sachverhalt

Gegen den Angeklagten wird vor dem Jugendschöffengericht wegen gemeinschaftlichen Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verhandelt. Es ergeht ein Freispruch, gegen den die Staatsanwaltschaft Berufung einlegt. Der Berichterstatter der zuständigen Berufungskammer ist mit der sachbearbeitenden Staatsanwältin verheiratet. Deshalb zeigt der Kammervorsitzende - in Absprache mit dem Berichterstatter - diesen Umstand den weiteren Prozessbeteiligten nach § 30 StPO an. In seiner dienstlichen Äußerung stellt der Berichterstatter heraus, dass er zwar erinnere, dass seine Frau ihm von dem Ausgang des Verfahrens erzählt habe; Details an das Gespräch wisse er jedoch nicht mehr, und er habe bereits mangels Aktenkenntnis und Anwesenheit in der Hauptverhandlung keine Stellung zu der amtsgerichtlichen Entscheidung bezogen. Unbeschadet dessen könne er berufliche und private Angelegenheiten voneinander trennen.