9.2.68 Verteidiger ist Sohn des Richters

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Die Selbstanzeige nach § 30 StPO (i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) hat Erfolg, wenn ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit besteht.

Die Selbstanzeige als solche verstärkt das Misstrauen an der gebotenen Objektivität (vgl. BGH, Beschl. v. 11.07.2017 - 3 StR 90/17).

Bei engen persönlichen Beziehungen des Richters zu einem weiteren Verfahrensbeteiligten muss ein vernünftiger Beschuldigter annehmen, dass sich der Richter - bewusst oder unbewusst - von der emotionalen Nähe zu dem Prozessbeteiligten bei seiner Entscheidung leiten lässt und somit die Sache nicht mehr frei von jeder falschen Rücksicht und mit der erforderlichen Distanz einem Ergebnis zuführt (AG Meiningen, Beschl. v. 20.05.2021 - OWi 161 Js 14163/20; vgl. auch AG Kehl, Beschl. v. 15.04.2014 - 5 OWi 304 Js 2546/14).

Sachverhalt

In einem Ordnungswidrigkeitsverfahren ist der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts berufene Richter Vater des Verteidigers des Betroffenen. Dies zeigt er nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 30 StPO an.

Ist die Selbstanzeige begründet?

Lösung

Die Selbstanzeige erfolgte zu Recht, da die Besorgnis der Befangenheit besteht und daher ein Grund gegeben ist, der seine Ablehnung rechtfertigen könnte.