BGH - Urteil vom 11.06.2014
2 StR 489/13
Normen:
StPO § 143; StPO § 146; EMRK Art. 6 Abs. 3 Buchst. d);
Fundstellen:
StV 2017, 141
Vorinstanzen:
LG Frankfurt am Main, vom 14.06.2013 - Vorinstanzaktenzeichen AZ:

Besorgnis der Befangenheit bei Entlassung eines für den Verfahrensgang erforderlichen Mitangeklagten aus dem Verfahren

BGH, Urteil vom 11.06.2014 - Aktenzeichen 2 StR 489/13

DRsp Nr. 2014/12193

Besorgnis der Befangenheit bei Entlassung eines für den Verfahrensgang erforderlichen Mitangeklagten aus dem Verfahren

1. Die Ablehnung eines mit der Sache schon früher befassten Richters (hier: nach Abtrennung des Verfahrens gegen einen Mitangeklagten) ist gerechtfertigt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die der Vermutung seiner Unvoreingenommenheit widersprechen.2. Das Konfrontationsrecht des Art. 6 Abs. 3 lit. d EMRK erfasst auch Aussagen von Mitangeklagten, so dass es auf die Prozessrolle der Auskunftsperson im Sinne der Strafprozessordnung nicht ankommt.3. Gemäß § 143 StPO ist die Bestellung eines Pflichtverteidigers zurückzunehmen, wenn ein anderer Verteidiger gewählt wird und dieser die Wahl annimmt.4. Eine Verteidigerbestellung kann nur aufrecht erhalten werden, wenn konkrete Gründe für die Annahme vorhanden sind, andernfalls sei die ordnungsgemäße Durchführung der Hauptverhandlung gefährdet.5. Ein konkret manifestierter Interessenkonflikt ist ein Grund, von der Verteidigerbestellung abzusehen oder eine bereits bestehende Bestellung aufzuheben.6. Zwar ist eine Verteidigerbestellung von Anwälten aus derselben Kanzlei für Mitbeschuldigte nicht generell unzulässig; liegen aber konkrete Hinweise auf einen Interessenkonflikt vor, hat eine solche Verteidigerbestellung aber zu unterbleiben; eine bereits erfolgte Bestellung ist in diesem Fall aufzuheben.7.