8.2.3 Aussetzung wegen Klärung einer zivilrechtlichen Vorfrage, § 262 StPO

Autor: Freyschmidt

Kurzüberblick

Das Strafgericht entscheidet grundsätzlich frei und unabhängig von den Urteilen der Gerichte anderer Gerichtszweige. Auch an ein bereits bestehendes und rechtskräftiges zivilgerichtliches Urteil ist das Strafgericht im Allgemeinen nicht gebunden. Dies gilt selbst dann, wenn die Entscheidung schon vor der Tat ergangen war (LR/Stuckenberg, § 262 Rdnr. 35).

Die im Parteienprozess aufgrund der Beibringungsmaxime getroffenen Tatsachenfeststellungen sind für das Strafverfahren, das aufgrund der Instruktionsmaxime zu anderen Erkenntnissen kommen kann (MüKoStPO/Miebach, § 262 Rdnr. 5), nicht verbindlich.

Eine Ausnahme von der fehlenden Bindungswirkung kann für Urteile der Zivilgerichte gelten, welche aufgrund einer Gestaltungswirkung ihrer Rechtskraft die zivilrechtliche Rechtslage vor der Tat verändern und ggf. dadurch im Strafverfahren Bedeutung erlangen können.

Trotz fehlender Bindungswirkung der zivilgerichtlichen Entscheidungen gestattet § 262 Abs. 2 StPO dem Strafgericht aus Gründen der Prozessökonomie vor dem Hintergrund eines häufigen Missbrauchs des Strafverfahrens für zivilrechtliche Zwecke die Aussetzung der Untersuchung, um die Entscheidung des Zivilgerichts abzuwarten (BeckOK StPO/Eschelbach, 46. Ed., § 262 Rdnr. 6 m.w.N.). Es besteht ein Aussetzungsrecht, keine Pflicht (SK-StPO/Velten, § 262 Rdnr. 17).