BVerfG - Beschluß vom 13.04.1994
1 BvR 23/94
Normen:
GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Art. 8 ; StGB §§ 130 185 ; VersG § 5 Nr. 4 ;
Fundstellen:
AfP 1994, 126
BVerfGE 90, 241
BayVBL 1994, 433
DVBl 1994, 688
DÖV 1994, 780
EuGRZ 1994, 448
JA 1995, 272
JZ 1994, 900
JuS 1995, 638
MDR 1994, 738
NJW 1994, 1779
NStE Nr. 23 zu § 185 StGB
NVwZ 1994, 892
Vorinstanzen:
VG München, vom 09.09.1992 - Vorinstanzaktenzeichen M 7 K 91.3787
VGH Bayern, vom 30.06.1993 - Vorinstanzaktenzeichen 21 B 92.3619
BVerwG, vom 19.11.1993 - Vorinstanzaktenzeichen 1 B 179.93

Verfassungsrechtliche Prüfung der Zulässigkeit von Auflagen für eine Versammlung - NPD

BVerfG, Beschluß vom 13.04.1994 - Aktenzeichen 1 BvR 23/94

DRsp Nr. 1994/2394

Verfassungsrechtliche Prüfung der Zulässigkeit von Auflagen für eine Versammlung - NPD

»Zur Frage, ob die Anwendung von § 5 Nr. 4 VersG auf Versammlungen, in denen eine Leugnung der Judenverfolgung zu erwarten ist, gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG verstößt.«1. Die an die Veranstalterin einer Versammlung gerichtete Auflage, dafür zu sorgen, daß in der Versammlung die Verfolgung der Juden im Dritten Reich nicht geleugnet oder bezweifelt wird, ist mit dem Grundrecht auf Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG) vereinbar. Bei der untersagten Äußerung, daß es im Dritten Reich keine Judenverfolgung gegeben habe, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, die nach ungezählten Augenzeugenberichten und Dokumenten, den Feststellungen der Gerichte in zahlreichen Strafverfahren und den Erkenntnissen der Geschichtswissenschaft erwiesen unwahr ist. Für sich genommen genießt eine Behauptung dieses Inhalts daher nicht den Schutz der Meinungsfreiheit.2. Es verstößt nicht gegen Art. 8 Abs. 1 GG, wenn meinungsbeschränkende Auflagen auf § 5 Nr. 4 VersG gestützt werden.3. Es begegnet keinen Bedenken, daß in der Leugnung der Judenverfolgung eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung der in Deutschland lebenden Juden, die aufgrund ihres Schicksals eine beleidigungsfähige Gruppe bilden, erblickt wird.

Normenkette:

GG Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Art. 8 ; StGB §§ 130 185 ;