6.2.6 Rechtsbehelf gegen die Ingewahrsamnahme bei einem Angeklagten, der sich entfernen will

Autor: Staub

Kurzüberblick

§  231 Abs.  1 Satz 2 StPO erlaubt es, den Angeklagten daran zu hindern, sich aus der Hauptverhandlung zu entfernen im Sinne eines Festhalterechts (SSW/Grube, § 231 Rdnr. 1).

Bei jeder Maßnahme nach §  231 Abs.  1 Satz 2 StPO gilt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, d.h., die am wenigsten beeinträchtigende Maßnahme ist zu erwählen (vgl. LR/Becker, § 231 Rdnr. 3).

Sachverhalt

Das Gericht will den Hauptverhandlungstermin durchführen bzw. fortsetzen, der Angeklagte hingegen will sich entfernen. Daraufhin ordnet das Gericht nach §  231 Abs.  1 Satz 2 StPO die Ingewahrsamnahme an. Die Verteidigung hält mildere Mittel für ausreichend.

Wie setzt die Verteidigung durch, dass anstelle der Ingewahrsamnahme eine andere - mildere - Maßnahme erfolgt?

Lösung

Wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist die am wenigsten beeinträchtigende Maßnahme zu erwählen (vgl. LR/Becker, § 231 Rdnr. 3).

Beispiele solcher - milderen - Maßnahmen sind vorliegend die Verweisung auf eine umfriedete Anklagebank oder die Bewachung. Sofern das nicht ausreichend ist, darf auch unmittelbarer Zwang i.S.d. 176 GVG angewendet werden, z.B. Fesselung bzw. eine bereits bestehende Fesselung nicht abzunehmen (a.A. Kleinknecht/Müller/Reitberger/Eschelbach, § 231 Rdnr. 13).