7.1.2 Umfang des Öffentlichkeitsgrundsatzes

Autoren: Stückrath/Schladt

Alle Hauptverhandlungen in Strafsachen

Der Umfang der Öffentlichkeitsmaxime gilt nach § 169 Abs. 1 Satz 1 GVG zunächst für alle Hauptverhandlungen in Strafsachen (Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse).

Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung gilt gem. den §§ 46 Abs. 1, 71 Abs. 1 OWiG im gerichtlichen Bußgeldverfahren ebenso wie andere Maximen des Strafverfahrens grundsätzlich ohne Einschränkungen. Eine Abstufung etwa nach dem Maßstab eines "geschützten berechtigten Interesses der Bevölkerung an Informationen über den Gang des Verfahrens" ist zu unbestimmt (BayObLG, Beschl. v. 06.07.2020 - 202 ObOWi 682/20). Der Öffentlichkeitsgrundsatz soll auch im Bußgeldverfahren gewährleisten, dass jedem Interessierten der Zutritt zu einer Hauptverhandlung offensteht (OLG Celle, Beschl. v. 01.06.2012 - 322 SsBs 131/12).

Die Öffentlichkeitsmaxime erstreckt sich jedoch nicht auf solche gerichtlichen Handlungen, die außerhalb der Hauptverhandlung vorgenommen werden dürfen. Ein praxisnahes Beispiel dafür ist die Eröffnung eines Haftbefehls im Anschluss an eine öffentliche mündliche Hauptverhandlung (anders jedoch die Durchführung eines Ortstermins, der in vollem Umfang zur Verhandlung vor dem erkennenden Gericht gehört).

Saalöffentlichkeit, Presseöffentlichkeit