13.1.2 Befragungsalltag in deutschen Gerichtssälen

Autor: Maurer

13.1.2.1 Zeugenvernehmung in der Theorie

Grundsatz der Zweiteilung

Das Fragerecht ist Teil der Teilhaberechte des Angeklagten, Verteidigers u.v.a.m. während einer staatlich geführten Vernehmung im Interesse vollständiger Sachaufklärung. Der Theorie der StPO nach ist die Frage die absolute Ausnahme. Vernehmungstechnisch ist einem Zeugen vor der Vernehmung zunächst der Gegenstand der Befragung und ggf. die Person des Beschuldigten bekanntzugeben (§ 69 Abs. 1 Satz 2 StPO). Von entscheidender Bedeutung für den weiteren Verlauf der Vernehmung (und die Wahrheitsfindung) ist sodann der Grundsatz der Zweiteilung: erst der Bericht, dann das Verhör (vgl. § 69 Abs. 1 StPO; Wendler/Hoffmann, Technik und Taktik der Befragung, Rdnr. 232). § 69 StPO ist dabei eine wesentliche Verfahrensvorschrift, nicht nur eine bloße Ordnungsregel.

Zusammenhängender Bericht

Ein Zeuge ist also weit vor dessen Befragung zu veranlassen, dasjenige, was ihm von dem Gegenstand seiner Befragung bekannt ist, "im Zusammenhang" anzugeben (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StPO). Durch diese Möglichkeit, im Zusammenhang in Form eines auszusagen, wird offenkundig der Einfluss des Fragenden gering gehalten und werden die Auskünfte nicht verfälscht ("Wer fragt, der führt"). So kann ein möglichst unverfälschtes Bild der Erinnerung der Auskunftsperson entstehen, das Grundlage für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit ist. In diesem Zusammenhang haben Fragen, egal von welcher Seite, nichts zu suchen.