12.2.8 Wechsel von der Zeugen- zur Beschuldigtenrolle

Autor: Kramer

Kurzüberblick

Ein Zeuge darf die Auskunft bereits dann verweigern, wenn er sich durch seine Auskunft des Verdachts einer verfolgbaren Straftat/Ordnungswidrigkeit aussetzen würde, so dass er mit der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens rechnen müsste (BVerfG, NJW 2002, 1411).

Eine prophylaktische Belehrung aller Zeugen nach § 55 StPO ist nicht geboten; es bedarf konkreter Anhaltspunkte (BGH, NStZ 1994, 306).

Die Rechtsprechung tendiert zur Annahme eines Beweisverwertungsverbots bei Verletzung der Belehrungspflicht nach § 55 Abs. 2 StPO (BayObLG, StV 2002, 179).

Die grobe, aber unabsichtliche Verletzung von Rechtspflichten eines Beamten, die in der Schwere dem bewussten Verstoß gleichkommt, führt zu einem Beweisverwertungsverbot (BGHSt 51, 285).

Sachverhalt

Zorn ist als Außendienstmitarbeiter in der Firma Busch angestellt. Gegen den Inhaber der Firma, Berthold Busch, ist ein Ermittlungsverfahren wegen Insolvenzverschleppung eingeleitet worden. In diesem Verfahren wird Zorn von der Polizei zur Zeugenvernehmung geladen. Ein Verdacht der Beteiligung Zorns an der Insolvenzverschleppung von Busch besteht nicht, so dass Zorn nur auf seine Wahrheitspflicht als Zeuge hingewiesen wird.