3.2.5 Besorgnis der richterlichen Befangenheit wegen nicht erfolgter Sitzordnungsänderung

Autoren: Krumm/Schulz-Merkel

Kurzüberblick

"Befangenheit" ist die von jeder falschen Rücksicht freie Einstellung zur Sache, die die richterliche Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten in Frage stellt. Eine Ablehnung ist bereits begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (BGH, Urt. v. 17.06.2015 - 2 StR 228/14, NStZ 2016, 58).

Fragen der Sitzordnung sollten möglichst vor Aufruf der Sache ("informell") geklärt werden, damit die zu erwartenden (Kommunikations-)Schwierigkeiten überhaupt nicht erst entstehen können.

Sachverhalt

Angeklagter A und sein Verteidiger betreten in einem Strafverfahren mit mehreren Mitangeklagten den Sitzungssaal und stellen fest, dass die Sitzreihen für Angeklagte und Verteidiger hintereinander aufgebaut sind. Namensschilder weisen jeweils den Angeklagten einen Platz in der vorderen Reihe und den Verteidiger in der zweiten Reihe zu.

Der Verteidiger des Angeklagten A versuchte noch vor Aufruf der Sache, mit dem Vorsitzenden über diese Sitzordnung zu sprechen mit dem Begehr, unmittelbar neben seinem Mandanten sitzen zu wollen. Der Richter antwortete sinngemäß, dass er für dieses Ansinnen vor Beginn der Hauptverhandlung nun wirklich keine Zeit habe, dass die Frage der Sitzordnung aber nochmals nach Sitzungsbeginn angesprochen werden könne.