18.2.24 Offene Beweisanträge am Ende der Hauptverhandlung

Autoren: Henke/Schwürzer

Kurzüberblick

Der Verteidiger kann auf Beweisanträge verzichten. Dies setzt eine eindeutige Erklärung oder wenigstens eine schlüssige Handlung voraus (BGH, Beschl. v. 27.10.1992 - 5 StR 562/92, StV 1993, 59). Die Rücknahme und der Verzicht von Beweisanträgen sind zu protokollieren (BGH, Beschl. v. 10.05.1983 - 5 StR 221/83, StV 1983, 319).

Es gibt allerdings keine Mitwirkungspflicht des Verteidigers, das Gericht auf mögliche Fehler hinzuweisen. Die Erklärung, keine Beweisanträge mehr stellen zu wollen oder mit dem Schluss der Beweisaufnahme einverstanden zu sein, ist kein Verzicht (BGH, Beschl. v. 14.01.2003 - 4 StR 402/02, NStZ 1983, 563).

Das Nichtbescheiden eines Beweisantrags kann zur Aufhebung des Urteils führen (BGH, Beschl. v. 05.12.2019 - 1 StR 517/19, StraFo 2020, 112, 113).

Sachverhalt

Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung, ohne sich näher zur Sache einzulassen, bestritten, die ihm zur Last gelegte Hehlerei begangen zu haben. In einem vorangegangenen Hauptverhandlungstermin hat der Verteidiger des Angeklagten beantragt, drei Zeugen zu vernehmen. Eine Zeugin wurde vernommen, auf eine zweite hat der Verteidiger ausdrücklich verzichtet. Viele Wochen später wurde die Beweisaufnahme im allseitigen Einvernehmen geschlossen. Vor dem Plädoyer fällt die unterlassene Vernehmung des dritten Zeugen auf. Das Gericht ist der Ansicht, der Verteidiger habe auf die Vernehmung des dritten Zeugen verzichtet.