24.1.6 Prozesssituationen ohne Rügeobliegenheit

Autoren: Lubini/Schwürzer

Verstöße gegen zwingendes Verfahrensrecht

Bei den nachfolgend beschriebenen Konstellationen handelt es sich nur um einige wenige Beispiele für in der Praxis wiederkehrende Verstöße gegen zwingendes Verfahrensrecht, die nicht mit dem Zwischenrechtsbehelf des § 238 Abs. 2 StPO beanstandet werden müssen, um die Rügemöglichkeit zu erhalten. Dies ändert aber nichts daran, dass eine Beanstandung statthaft bleibt. Ob man von ihr Gebrauch macht oder die fehlerhafte Maßnahme des Vorsitzenden erst mit der Revision rügt, ist eine Frage der Taktik.

Beispiel

Der Mandant erwartet, dass der Verteidiger während der Hauptverhandlung unmittelbar einschreitet, um eine angekündigte Maßnahme wie z.B. die Vorführung einer Bild-Ton-Aufzeichnung oder die Verlesung eines bestimmten Vernehmungsprotokolls abzuwenden. Auch wenn die angekündigte Maßnahme gegen zwingendes Verfahrensrecht verstoßen würde, eine Revisionsrüge also auch ohne Beanstandung erfolgreich wäre, kann der Zwischenrechtsbehelf gem. § 238 Abs. 2 StPO eine Möglichkeit sein, die unzulässige Maßnahme sogleich zu verhindern. Man darf allerdings nicht erwarten, dass die Beanstandung ebenso erfolgreich ist, wie es eine entsprechende Revisionsrüge wäre.

Verstoß gegen Beweisrecht; Verwertung eines fehlerhaft im Vorverfahren erhobenen Beweises