6.1.13 Ausnahmen von der Anwesenheitspflicht - Beurlaubung des Angeklagten, § 231c StPO

Autor: Staub

6.1.13.1 Grundlagen und Voraussetzungen

Eine in der Praxis selten bis nicht angewandte Vorschrift, da unzweckmäßig und eher revisionsanfällig, ist die Beurlaubung des Angeklagten nach § 231c StPO. Voraussetzung für die Freistellung ist, dass von dem Angeklagten und/oder der Verteidigung ein Antrag gestellt wird. Außerdem muss gegen mehrere Angeklagte verhandelt werden.

Darüber hinaus müssen Teile der Verhandlung betroffen sein, die nicht den Angeklagten betreffen. Nicht betroffen ist der Antragsteller beispielsweise dann, wenn die Sache nach Abtrennung weiter verhandelt werden könnte, insbesondere wenn der Angeklagte an der verhandelten Tat nicht beteiligt ist.

§ 231c StPO ist restriktiv auszulegen. Bei einheitlichem Tatgeschehen scheidet die Beurlaubung aus, ebenso wenn die Vorgänge auch nur teilweise oder mittelbar von Bedeutung sind.

Beispiele: Beurlaubung bejaht

Vernehmung von Mitangeklagten über ihre persönlichen Verhältnisse

Halten der Schlussvorträge (§ 258 StPO)

Beispiele: Beurlaubung verneint

Urteilsverkündung (§ 268 StPO)

wenn es um die Glaubwürdigkeit eines den Angeklagten belastenden Mitangeklagten geht

wenn Beweisanträge abgelehnt werden

wenn die Schlussvorträge sich auf ein einheitliches Tatgeschehen beziehen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 231c Rdnr. 12)

6.1.13.2 Gang des Verfahrens