6.2.15 Vorübergehende Entfernung des Angeklagten bei Zeugenvernehmung (§ 247 StPO) - Verhältnis zur audiovisuellen Zeugenvernehmung nach § 247a StPO

Autor: Staub

Kurzüberblick

Nach § 247 StPO kann in vier Fällen die vorübergehende Entfernung des Angeklagten aus dem Sitzungszimmer vorgenommen werden:

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bei Wahrheitsgefährdung (§ 247 Satz 1 StPO),

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bei Vernehmung von Kindern und Jugendlichen als Zeugen, wenn ein erheblicher Nachteil für deren Wohl zu befürchten ist (§ 247 Satz 2 1. Alt. StPO),

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bei erwachsenen Zeugen, wenn die dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für deren Gesundheit besteht (§ 247 Satz 2 2. Alt. StPO),

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aus Eigenschutz (§ 247 Satz 3 StPO).

§ 247 StPO ist als Ausnahmevorschrift vom Anwesenheitsrecht einerseits restriktiv auszulegen (BGHSt 22, 18, 20; 21, 332, 333 f.; LR/Becker, § 247 Rdnr. 6). Gleichwohl soll andererseits von der Ermächtigung i.d.R. aus Opferschutzgründen Gebrauch gemacht werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen (Meyer-Goßner/Schmitt, §  247 Rdnr. 1).

Deshalb ist die audiovisuelle Zeugenvernehmung nach § 247a StPO als milderes Mittel dem Gericht anzutragen.

Allerdings ersetzt die audiovisuelle Zeugenvernehmung nach § 247a StPO nicht die körperliche und geistige Anwesenheit des Angeklagten in der Hauptverhandlung, so dass das audiovisuelle Verfolgen der Aussage in einem Nebenraum unzulässig ist (BGH, Beschl. v. 11.12.2018 - 2 StR 250/18, NStZ 2019, 421).

Sachverhalt