9.2.10 Anforderungen an die Unverzüglichkeit i.S.d. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Im Falle der Unzulässigkeit eines Ablehnungsantrags kann das Rechtsmittelgericht die Ablehnungsgründe des § 26a StPO ersetzen und austauschen, ohne dass ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorliegt (BGH, NStZ 2006, 644; BVerfG, NStZ-RR 2006, 379; Meyer-Goßner/Schmitt, § 26a Rdnr. 11).

Lässt der Angeklagte das letzte Wort verstreichen und stellt einen Befangenheitsantrag erst, nachdem - etwa aufgrund eines Beweisantrags - wieder in die Beweisaufnahme eingetreten worden ist, obwohl ihm die Umstände, auf die er die Ablehnung stützt, bereits vor der "ersten" Gewährung des letzten Wortes bekannt waren, ist der Antrag nicht unverzüglich i.S.d. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO gestellt (BVerfG, NStZ-RR 2006, 379); benötigt er eine gewisse Zeit zum Überlegen und Abfassen des Ablehnungsgesuchs, die ihm wegen des Grundsatzes des fairen Verfahrens zuzugestehen ist (vgl. etwa BGH, Urt. v. 17.11.1999 - 2 StR 313/99, NJW 2000, 965), ist er verpflichtet, um eine Verfahrensunterbrechung nachzusuchen, um sodann den Ablehnungsantrag vor dem letzten Wort stellen zu können (BVerfG, NStZ-RR 2006, 379).

In Ausnahmefällen kommt zur Vermeidung unerträglicher Ergebnisse eine einschränkende Auslegung der Ausschlussfrist des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO in Betracht, sofern die Ablehnungsgründe erst nach dem letzten Wort entstanden oder bekanntgeworden sind (angedeutet durch BGH, Urt. v. 07.09.2006 - , aber bislang offengelassen).