9.2.17 Der gedanklich abwesende Richter

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Eine Hauptverhandlung erfordert nicht nur die körperliche Anwesenheit des Richters, sondern auch dessen ungeteilte Aufmerksamkeit (BGH, Urt. v. 17.06.2015 - 2 StR 228/14, NStZ 2016, 58).

Private Außenkontakte während der laufenden Beweisaufnahme lassen den Rückschluss zu, dass der Richter in der konkreten Sache den Kernbereich seiner Tätigkeit im Rahmen der Hauptverhandlung missachtet und/oder bereits in seiner Entscheidung festgelegt ist (vgl. auch Fromm, StraFo 2015, 445, 448).

Gleiches gilt, wenn sich der Richter bei einer aus seiner Sicht langweiligen Beweisaufnahme mit anderen Akten pp. beschäftigt (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 04.04.2014 - 10 W 12/14 (Abl), 10 W 12/14, NJW-RR 2014, 1472).

Sachverhalt

Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, am 23.02. dem Geschädigten bewusst und gewollt einen Faustschlag ins Gesicht versetzt zu haben. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, sei der Geschädigte zu Boden gestürzt und der Angeklagte habe dann entsprechend seinem Tatplan dessen Mobiltelefon der Jackentasche entnommen und sich mit diesem vom Tatort entfernt, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass er keinen Anspruch auf das Handy gehabt habe.

Der Angeklagte bestreitet die Tatvorwürfe und die Beweisaufnahme zieht sich hin.