9.2.25 Ablehnung des Vorsitzenden einer Berufungskammer wegen unsachlicher/inkonnexer Äußerungen zu den Erfolgsaussichten des Rechtsmittels vor (oder während) der Hauptverhandlung

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Ein Ablehnungsantrag, der unverzüglich gestellt werden muss, kann auch im Berufungsverfahren auf vor der Hauptverhandlung geführte Gespräche des Verteidigers mit dem Vorsitzenden gestützt werden (OLG Hamm, StRR 3/2019, 13 ff.).

Eine (telefonische) Kontaktaufnahme vor Anberaumung eines Hauptverhandlungstermins ist sinnvoll und zulässig, bedarf aber inhaltlich seitens des Vorsitzenden besonderer Zurückhaltung.

Erweckt der Vorsitzende gegenüber dem Angeklagten vor (oder auch in) der Hauptverhandlung den Eindruck, in seiner Entscheidung bereits festgelegt zu sein, begründet dies die Besorgnis der Befangenheit.

Auch die Empfehlung der Rücknahme des Rechtsmittels ist zulässig, muss aber in äußerst vorsichtiger Form erteilt werden (BGH, NStZ-RR 2012, 211, 212; OLG Hamm, StRR 3/2019, 13 ff.).

Sachverhalt

Der wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis vom Amtsgericht zu einer kurzen Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilte Angeklagte legte gegen dieses Urteil Berufung ein. Dem Eingang der Akten bei der Kleinen Strafkammer folgten zwei Telefonate zwischen dem Verteidiger und dem Vorsitzenden.