9.2.34 Übereifrige Sachverständige

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Sachverständige sind neutrale Gehilfen und sollen den Verfahrensbeteiligten in ihrem Fachgebiet das erforderliche Spezialwissen vermitteln.

Übereifrige Sachverständige, die eigenständige Sachverhaltsermittlungen tätigen und sich als einseitige Unterstützer zur Schaffung einer Anklagegrundlage verstehen, setzen sich der Besorgnis der Befangenheit aus (LG Leipzig, Beschl. v. 15.08.2017 - 1 Ks 100 Js 40760/17, StRR 9/2017, 17 ff.).

Auch private Veröffentlichungen eines Sachverständigen in den sozialen Netzwerken/auf seiner Homepage etc. können Zweifel an dessen Neutralität begründen (LG Leipzig, Beschl. v. 15.08.2017 - 1 Ks 100 Js 40760/17, StRR 9/2017, 17 ff.).

Sachverhalt

In einem Verfahren gegen einen Klinikarzt wegen sexuellen Missbrauchs im Rahmen gynäkologischer Untersuchungen wird das von dem Beschuldigten während der Behandlungen heimlich angefertigte Filmmaterial von einem Sachverständigen gesichtet und bewertet. Der von der Staatsanwaltschaft bestellte Sachverständige fährt eigenmächtig in die Klinik (Tatort), nimmt dort u.a. mit einem Oberarzt weitere Dokumentationen in Augenschein und bespricht diese mit dem Oberarzt. Seine Tätigkeiten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse teilt er Staatsanwaltschaft und Gericht zunächst nicht mit.