9.2.50 Der Vorsitzende macht "kurzen Prozess"

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Die Revisionsinstanz prüft die Rüge nach § 338 Nr. 3 StPO grundsätzlich nach Beschwerdegrundsätzen (§ 28 Abs. 2 StPO), d.h., dass unzutreffende Begründungen durch andere ersetzt werden können (BGH, Beschl. v. 29.08.2006 - 1 StR 371/06 m.w.N.); die Möglichkeit der Surrogation unzutreffender Begründungen ist allerdings dann verwehrt, wenn die Verwerfung gem. § 26a StPO auf eine willkürliche oder die Anforderungen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkennende Rechtsanwendung zurückzuführen ist (BGH, Beschl. v. 21.07.2020 - 5 StR 236/20 m.w.N.). Anderenfalls würde dem Antragsteller bei einem unvertretbar als unzulässig behandelten Ablehnungsgesuch der gesetzliche Richter entzogen (vgl. BVerfG, Urt. v. 09.07.2004 - 2 BvR 836/04, StraFo 2005, 109; Meyer-Goßner/Schmitt, § 26a Rdnr. 11 m.w.N.).

"Unverzüglich" i.S.d. § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StPO bedeutet nicht "sofort", sondern "ohne schuldhaftes Zögern"; dem Antragsteller ist trotz des dabei anzulegenden strengen Maßstabs eine Bedenkzeit sowie die Möglichkeit der Besprechung mit seinem Verteidiger und auch Zeit zum Abfassen des Ablehnungsantrags zu gewähren (BGH, Beschl. v. 06.03.2018 - 3 StR 559/17), wobei die konkrete zuzubilligende Zeitspanne eine Frage der Umstände des Einzelfalls ist (BGH, a.a.O., m.w.N.).

Sachverhalt