9.2.64 Befangenheit bei negativen Erfahrungen der Schöffin mit der Kanzlei der Verteidigerin und Selbstanzeige

Autor: Artkämper

Kurzüberblick

Die Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn ein Grund besteht, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (BGH, Urt. v. 17.06.2015 - 2 StR 228/14, NStZ 2016, 58; vgl. auch BGH, Urt. v. 10.01.2018 - 2 StR 76/17, Rdnr. 16). Es kommt grundsätzlich weder darauf an, ob er sich selbst für (un)befangen hält, noch darauf, ob er die angebrachten Zweifel an seiner Unbefangenheit verstehen kann (KK/Scheuten, § 24 Rdnr. 4 unter Verweis auf BVerfGE 32, 288).

Bekundet der Richter jedoch seine Voreingenommenheit gegenüber dem Angeklagten und begründet diese nachvollziehbar, liegt ein Grund zur Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 24 Abs. 2 StPO vor (BGH, Beschl. v. 11.07.2017 - 3 StR 90/17).

Sachverhalt

Zum Landgericht wird Anklage u.a. wegen Brandstiftung erhoben. Nachdem die zum Hauptverhandlungstermin geladene Schöffin V mitgeteilt hat, sie fühle sich befangen, da sie erhebliche negative Erfahrungen mit der Sozietät der Verteidigerin gesammelt habe, die ihren Ehemann in ihrem eigenen Scheidungsverfahren vertreten habe, stellt der Angeklagte ein Ablehnungsgesuch gegen die Schöffin, das mit Beschluss der Kammer als unbegründet zurückgewiesen wird.

Greift der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO im Rahmen der Anfechtung des unter Mitwirkung der abgelehnten Schöffin ergangenen Urteils durch?

Lösung