BGH - Beschluss vom 06.06.2019
StB 14/19
Normen:
StPO § 136 Abs. 1; StPO § 163a Abs. 4; VStGB § 1 S. 1; VStGB § 7 Abs. 1 Nr. 5; StGB § 27 Abs. 1; StGB § 52 Abs. 1; StGB § 223;
Fundstellen:
BGHSt 64, 89
StV 2020, 147
wistra 2020, 75

Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen die Aufhebung eines Haftbefehls wegen des Verdachts der psychischen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien

BGH, Beschluss vom 06.06.2019 - Aktenzeichen StB 14/19

DRsp Nr. 2019/17893

Beschwerde des Generalbundesanwalts gegen die Aufhebung eines Haftbefehls wegen des Verdachts der psychischen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Syrien

1. Im Ermittlungsverfahren sind Beweisverwertungsverbote unabhängig von einem Widerspruch des Beschuldigten von Amts wegen zu beachten, auch wenn der zugrundeliegende Verfahrensmangel eine für ihn disponible Vorschrift betrifft.2. Zur Begründung der Beschuldigteneigenschaft durch die Stärke des Tatverdachts (Fortführung von BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, BGHSt 51, 367).3. Bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach § 7 Abs. 1 VStGB liegt grundsätzlich eine tatbestandliche Bewertungseinheit vor, soweit die in den dortigen Nummern 1 bis 10 normierten Ausführungshandlungen (Einzeltaten) miteinander sachlich, zeitlich und räumlich zusammenhängen und in denselben ausgedehnten oder systematischen Angriff gegen eine Zivilbevölkerung (Gesamttat) eingebunden sind.4. Mit einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 VStGB tateinheitlich begangene Körperverletzungsdelikte (§§ 223 ff. StGB) werden von dem nach § 1 Satz 1 VStGB geltenden Weltrechtsprinzip erfasst, sodass auch insoweit deutsches Strafrecht anwendbar ist (Annexkompetenz).5. Zur psychischen Beihilfe durch Dienstausübung im Fall organisierter Massenverbrechen (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 20. September 2016 - , BGHSt 61, ).