BVerfG - Beschluß vom 13.10.1971
2 BvR 233/71
Normen:
GG Art. 2 Abs. 2 S. 2, S. 3 Art. 20 Abs. 3 ; StPO § 112 § 230 Abs. 2 § 329 Abs. 1 ;
Fundstellen:
BVerfGE 32, 87
Vorinstanzen:
LG München I, vom 02.02.1971 - Vorinstanzaktenzeichen 50 Ms 5/69 -XVII 47/70
LG München I, vom 03.02.1971 - Vorinstanzaktenzeichen 50 Ms 5/69 -XVII 47/70
OLG München, vom 10.02.1971 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ws 92/71

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Haftbefehlen nach § 230 Abs. 2 StPO

BVerfG, Beschluß vom 13.10.1971 - Aktenzeichen 2 BvR 233/71

DRsp Nr. 1994/2839

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei Haftbefehlen nach § 230 Abs. 2 StPO

1. Der in § 112 StPO niedergelegte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch für den Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO.2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist verletzt, wenn ein Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO im Rahmen eines Berufungsverfahrens aufrechterhalten wird, obwohl eine Ladung zum neuen Termin möglich ist, und die vom Angeklagten eingelegte Berufung, wenn er dem neuen Termin fernbleibt, gemäß § 329 StPO verworfen werden kann.

Normenkette:

GG Art. 2 Abs. 2 S. 2, S. 3 Art. 20 Abs. 3 ; StPO § 112 § 230 Abs. 2 § 329 Abs. 1 ;

Gründe:

I.

1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt. Durch Urteil des Schöffengerichts München vom 20. Mai 1970 wurde er wegen eines Vergehens des Parteiverrats zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil legte der Beschwerdeführer Berufung ein.