BVerfG - Beschluß vom 06.02.2002
2 BvR 1249/01
Normen:
StPO § 55 ;
Fundstellen:
NJW 2002, 1411
NStZ 2002, 378
StV 2002, 177
Vorinstanzen:
LG Hannover, vom 06.07.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 30 Qs 25/01
LG Hannover, vom 15.05.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 30 Qs 25/01

Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts eines abgeurteilten Straftäters

BVerfG, Beschluß vom 06.02.2002 - Aktenzeichen 2 BvR 1249/01

DRsp Nr. 2002/3129

Umfang des Auskunftsverweigerungsrechts eines abgeurteilten Straftäters

1. Es wäre mit der Menschenwürde eines Zeugen unvereinbar, wenn er zu einer Aussage gezwungen würde, durch die er die Voraussetzungen für seine eigene strafrechtliche Verurteilung liefern müßte. In eine solche Gefahr geriete der Zeuge dann, wenn eine Ermittlungsbehörde aus seiner wahrheitsgemäßen Aussage Tatsachen entnehmen könnte - nicht müßte -, die sie gem. § 152 Abs. 2 zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens veranlassen könnte.2. Ist der Zeuge (hier: wegen Betäubungsmitteldelikten) bereits abgeurteilt, so ist er dann umfassend zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, wenn die Staatsanwaltschaft bereits Anhaltspunkte für weitere, noch nicht rechtskräftig abgeurteilte Straftaten hat.

Normenkette:

StPO § 55 ;

Gründe:

A. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Zeuge Auskünfte über eigene, rechtskräftig abgeurteilte Taten verweigern kann, um sich nicht wegen möglicher weiterer Taten selbst bezichtigen zu müssen.

I. Der Beschwerdeführer wurde am 12. Dezember 2000 vom Amtsgericht Hannover wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 13 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt.