BVerfG - Beschluß vom 09.07.1963
1 BvL 15/60
Normen:
GG Art. 3 Abs. 1 ; StVG (i.d.F. des Gesetzes v. 16.7.1957 - BGBl. I S. 710) § 6a Abs. 2 S. 1 § 22 ;
Fundstellen:
BVerfGE 16, 246
DAR 1963, 327
JZ 1963, 593
NJW 1963, 1772
VRS 25, 161
Vorinstanzen:
AG Karlstadt - Beschluß vom 02.06.1960 - Cs 168/60 (P),

Verfassungskonforme Auslegung des § 6a Abs. 2 S. 1 StVG

BVerfG, Beschluß vom 09.07.1963 - Aktenzeichen 1 BvL 15/60

DRsp Nr. 1995/8885

Verfassungskonforme Auslegung des § 6a Abs. 2 S. 1 StVG

1. Ist die Auslegung der zur Prüfung vorgelegten Vorschrift durch das vorlegende Gericht nicht zwingend und eine andere Auslegung möglich, muß die letztgenannte Auslegung gewählt werden, weil die Vorschrift so mit dem Grundgesetz vereinbar ist, während sie andernfalls verfassungswidrig wäre.2. Wird § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG dahin ausgelegt, daß sie die Verurteilung wegen leichterer Verkehrsübertretungen allgemein von der Eintragungspflicht ausnimmt, so entfallen die Bedenken gegen ihre Verfassungsmäßigkeit.

Normenkette:

GG Art. 3 Abs. 1 ; StVG (i.d.F. des Gesetzes v. 16.7.1957 - BGBl. I S. 710) § 6a Abs. 2 S. 1 § 22 ;

Gründe:

I.

1. Der durch das Gesetz über Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrsrechts und Verkehrshaftpflichtrechts vom 16. Juli 1957 (BGBl. I S. 710) eingefügte § 6a des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) beschränkt in seinem Absatz 1 die danach zu schaffende Kartei (sogenannte Verkehrssünderkartei) auf die Erfassung von rechtskräftigen Verurteilungen der Strafgerichte, nimmt also die gebührenpflichtigen Verwarnungen (§ 22 StVG) von vornherein von der Eintragung aus.

Unter gewissen Voraussetzungen ordnet das Strafgericht an, daß die Eintragung einer gerichtlichen Verurteilung unterbleibt. § 6a Abs. 2 Satz 1 StVG bestimmt: