Der rechtliche Hintergrund der Entscheidung

Autor: Sitter

Etwa seit dem Jahr 2016 häuften sich tatrichterliche Entscheidungen in OWi-Verfahren, die Anträge auf gerichtliche Entscheidung gem. § 62 OWiG zur Herausgabe der Rohmessdaten oder auf Einholung von Sachverständigengutachten zur Überprüfung der Messung mangels Erheblichkeit zurückwiesen. Dies geschah zumeist in Berufung auf einen Beschluss des OLG Bamberg (v. 04.04.2016 - 3 Ss OWi 1444/15, DAR 2016, 337), dem sich viele Bußgeldsenate der Oberlandesgerichte anschlossen.

Vermutung der Richtigkeit der Messung

Wird ein gängiges Messgerät von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in seiner Bauart zugelassen, vorschriftsmäßig geeicht und achtet besonders geschultes Personal auf die vorschriftsmäßige Bedienung, spricht man vom "standardisierten Messverfahren", dessen Ergebnis grundsätzlich als zutreffend anzusehen ist, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für einen Mess- oder Gerätefehler vorliegen. Trägt der Betroffene dergleichen nicht vor, braucht der Tatrichter einem Beweisantrag nicht nachzugehen und kann diesen gem. § 77 Abs. 2 Satz 1 OWiG als "zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich" ablehnen.