OLG Brandenburg - Beschluss vom 15.09.2022
1 OLG 53 Ss-OWi 322/22
Normen:
EMRK Art. 6 Abs. 3c; OWiG § 74 Abs. 2; StVG § 25 Abs. 2a;
Vorinstanzen:
AG Neuruppin, vom 09.06.2022 - Vorinstanzaktenzeichen OWi 26100/21

Fürsorgepflicht des Gerichts bei TerminsverlegungsanträgenAnspruch auf faires Verfahren bei Einspruch gegen BußgeldbescheidNicht jede Verhinderung des Verteidigers als gültiges Argument für Terminsverlegung

OLG Brandenburg, Beschluss vom 15.09.2022 - Aktenzeichen 1 OLG 53 Ss-OWi 322/22

DRsp Nr. 2022/14030

Fürsorgepflicht des Gerichts bei Terminsverlegungsanträgen Anspruch auf faires Verfahren bei Einspruch gegen Bußgeldbescheid Nicht jede Verhinderung des Verteidigers als gültiges Argument für Terminsverlegung

1. Auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren besteht ein Anspruch auf ein faires Verfahren im Rahmen eines Verlegungsantrags. Wenn auch nicht jede Verhinderung des Verteidigers relevant ist, so besteht die gerichtliche Fürsorgepflicht unter Berücksichtigung der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache, der Dauer der Verzögerung und der Behinderung der Verteidigungsmöglichkeit. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der gerichtlichen Fürsorgepflicht auch eine mögliche bewusste Prozessverschleppung. 2. Die Anwesenheit des gewählten Verteidigers in der Hauptverhandlung ist immer zu gewährleisten, wenn es um den Vorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung und einem damit verbundenen Fahrverbot geht.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Neuruppin vom 09. Juni 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Neuruppin zurückverwiesen.

Normenkette:

EMRK Art. 6 Abs. 3c; OWiG § 74 Abs. 2; StVG § 25 Abs. 2a;

Gründe:

I.