OLG Hamm - Urteil vom 08.07.2022
7 U 106/20
Normen:
StVG § 7 Abs. 1; StVO § 5 Abs. 3 Nr. 1;
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, vom 25.11.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 534/17

Haftungsverteilung bei Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Motorrad

OLG Hamm, Urteil vom 08.07.2022 - Aktenzeichen 7 U 106/20

DRsp Nr. 2022/16059

Haftungsverteilung bei Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Motorrad

1. Die doppelte Rückschaupflicht nach § 9 Abs. 1 Satz 4 Hs. 1 StVO ist nicht gewahrt, wenn es zwar zu einem „doppelten Schulterblick“ kommt, der zweite Schulterblick jedoch nicht unmittelbar vor dem Abbiegen erfolgt.2. In die Abwägung nach § 17 Abs. 2, Abs. 1 StVG kann eine erhöhte Betriebsgefahr motorisierter Zweiräder aufgrund ihrer Beschleunigungsfähigkeit und Instabilität einzustellen sein, wenn diese – wie hier aber nicht – unfallursächlich geworden ist (in Fortschreibung zu OLG Hamm Urt. v. 30.5.2016 – 6 U 13/16, NJW-RR 2017, 149 = juris Rn. 38).3. Zur Schmerzensgeldbemessung bei mehrfragmentärer dislozierter Unterschenkelfraktur mit Kompartmentsyndrom, dislozierter Fraktur des linken Mittelfußknochens mit Fußkompartment und CRPS („Morbus Sudec“).

4. Kommt es zu einer Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Motorrad, so trägt der Linksabbieger die alleinige Haftung, wenn nicht bewiesen ist, dass er seine Geschwindigkeit vor dem Abbiegevorgang herabgesetzt und den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hat.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 25.11.2020 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg (Az.: I-) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert.