LAG München - Urteil vom 19.10.2022
10 Sa 115/22
Normen:
TVG § 1 Abs. 2; BGB § 126; BGB § 126a; BGB § 133; BGB § 157; MTV Cockpitpersonal Nr. 4 v. 01.11.2016 § 15 Abs. 14; TV 2017 v. 23.11.2017 Abschn. IV Nr. 1 Abs. 2; TV 2017 v. 23.11.2017 Abschn. IV Nr. 2 Abs. 2; Protokollnotiz v. 05.03.2021 zur Tarifvereinbarung v. 23.11.2017;
Fundstellen:
BeckRS 2022, 36617
Vorinstanzen:
ArbG München, vom 02.02.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 39 Ca 2188/21

Rechtscharakter tariflicher ProtokollnotizenAuslegung normativer tariflicher ProtokollnotizenRückwirkende Änderung tariflicher RegelungenRechtsnormen mit echter RückwirkungUnechte Rückwirkung im Tarifrecht

LAG München, Urteil vom 19.10.2022 - Aktenzeichen 10 Sa 115/22

DRsp Nr. 2023/531

Rechtscharakter tariflicher Protokollnotizen Auslegung normativer tariflicher Protokollnotizen Rückwirkende Änderung tariflicher Regelungen Rechtsnormen mit echter Rückwirkung Unechte Rückwirkung im Tarifrecht

1. Protokollnotizen können als Auslegungshilfe gemeint sein, sie können auch als schuldrechtliche oder normative Tarifnorm vereinbart sein. Ob eine zwischen den Tarifvertragsparteien geschlossene Vereinbarung Rechtscharakter hat, hängt neben der Erfüllung des Schriftformerfordernisses davon ab, ob darin der Wille der Tarifvertragsparteien zur Normsetzung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt. Dies ist im Weg der Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts zu ermitteln. 2. Hat eine tarifliche Protokollnotiz normativen Charakter, finden die generell bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags auch für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln Anwendung. 3. Tarifvertragliche Regelungen tragen den immanenten Vorbehalt ihrer nachträglichen Abänderung durch Tarifvertrag in sich. Ein jüngerer Tarifvertrag löst grundsätzlich einen älteren Tarifvertrag ab. Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung ist allerdings durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt.