Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat.
Der Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 25. Mai 2020 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesverwaltungsamt zurückverwiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Kläger richtet sich gegen den 1. Nachtrag zum Bodenordnungsplan im Bodenordnungsverfahren S..
Das Bodenordnungsverfahren S. wurde mit Beschluss des Beklagten vom 16. Dezember 2008 angeordnet. Der Kläger ist als Eigentümer des im Verfahrensgebiet gelegenen Grundstücks Gemarkung (S.), Flur A, Flurstück 170/6, mit einer Größe von 2,3450 ha Teilnehmer des Bodenordnungsverfahrens (Ord.-Nr. 914). Das Grundstück wurde mit 58,63 Werteinheiten (WE) bewertet. Es handelt sich um ein Waldgrundstück.
Am 26. Juni 2012 wurde der Kläger zu seinem Planwunsch angehört. Er gab an, dass er eine Zuteilung in alter Lage sowie eine Mehrausweisung wünsche. Hierbei solle die ehemalige Akazienfläche zum Wald zugeordnet werden, wenn möglich auch der Weg sowie die Akazienfläche ackerseitig. Zum 1. Oktober 2013 wurden die Beteiligten vorläufig in den Besitz der neuen Grundstücke eingewiesen. Dem Kläger wurde dabei gemäß seinem Planwunsch an der Ostseite seines Abfindungsflurstücks eine über sein Einlageflurstück hinausreichende Akazienfläche zugeteilt.
Am 8. Juni 2016 fand zwischen dem Kläger und dem Beklagten eine Verhandlung statt. Nach der Niederschrift über die Verhandlung gemäß §
"Der Erschienene zu 1 erhält im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens S. eine Mehrausweisung in Land von ca. 5,5 Werteinheiten. Die Kapitalisierung der Werteinheit beträgt 165 €/WE. Der Erschienene zu 1 stimmt der Mehrausweisung zu den aktuellen Konditionen ausdrücklich zu."
Nach den Angaben des Beklagten sollte hiermit die aufgrund des Planwunsches des Klägers erfolgte Mehrausweisung "abgesichert" werden.
Am 26. September 2016 wurde der Bodenordnungsplan im Bodenordnungsverfahren S. bekannt gegeben. Für den Kläger war als Abfindung das Grundstück Gemarkung (S.), Flur B, Flurstück 21/1, mit einer Größe von 2,6613 ha und einem Wert von 64,13 WE vorgesehen. Die Lage dieses Abfindungsflurstücks stimmte mit der des Flurstücks überein, das er bereits mit der vorläufigen Besitzeinweisung im Jahr 2013 erhalten hatte. Der Wert wurde wie folgt bestimmt:
Nutzungsart | Fläche in ha | Wert in WE |
GH 12 (Hecke) | 0,0669 | 0,80 |
H 25 (Wald) | 2,4764 | 61,91 |
VS 12 (Wege und Straßen) | 0,0382 | 0,46 |
VS 12 (Wege und Straßen) | 0,0798 | 0,96 |
2,6613 | 64,13 |
Da der Abfindungsanspruch 58,63 WE und die Landabfindung 64,13 WE betrug, ergab sich eine Mehrausweisung von Land von 5,50 WE. Infolgedessen wurde für den Kläger eine Geldleistung von 907,50 € festgesetzt, die sich aus der Mehrausweisung von 5,50 WE multipliziert mit dem Faktor 165 €/WE ergab. Als Rechtsgrundlage wurde "§ 129" und als Stichworte wurden "Planvereinbarung" und "Mehrausweisung" angegeben. Mit Schreiben vom 27. Oktober 2016 wurde dem Kläger wegen der Mehrabfindung "entsprechend der Vereinbarung" ein Betrag in Höhe von 907,50 € in Rechnung gestellt, den er fristgerecht zahlte.
Am 26. September 2016 fand der Anhörungstermin für den Bodenordnungsplan im Bodenordnungsverfahren S. statt. In der Niederschrift über diesen Anhörungstermin hieß es, es sei kein Beteiligter erschienen und somit kein (schriftlicher) Widerspruch eingelegt worden.
Aufgrund des nach Angabe des Beklagten (mündlich) von Herrn B. erhobenen Einwands, die zwischen den Bäumen liegende Grenze des Flurstücks 190 solle auf den Weg gezogen werden, wurde vom Beklagten am 8. November 2017 ein 1. Nachtrag zum Bodenordnungsplan erstellt. Hierbei wurden die Grenzen des Abfindungsflurstücks des Klägers, welches die Bezeichnung Flurstück 190 erhielt, zu dem östlich angrenzenden Flurstück 192 des Herrn B. geändert. Nach den Erläuterungen des Beklagten war bei der Abgrenzung des dem Kläger mit dem Bodenordnungsplan zugeteilten Flurstücks zu dem östlich angrenzenden Flurstück am Computer eine gerade Linie gezogen worden. Diese Linie ist in der "Anlage 2", die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreicht wurde, lila gestrichelt dargestellt. Diese verlief nicht entlang der Waldgrenze, sondern zum Teil zwischen den dort stehenden Bäumen. Um dies zu korrigieren, wurde die Grenze zwischen dem Flurstück 190 des Klägers und dem Flurstück 192 des Herrn B. entlang des zwischen den Bäumen liegenden Weges gezogen. Hiermit wollte der Beklagte Streitigkeiten zwischen dem Kläger und Herrn B. über das Eigentum an den dort befindlichen Bäumen vorbeugen. Von einer Grenzziehung entlang der Waldgrenze sah der Beklagte ab, da er hierdurch Schwierigkeiten beim Rückschnitt des Bewuchses durch Herrn B. befürchtete, soweit dieser auf die Ackerfläche ragt. Zudem wäre hierdurch eine weitere Mehrausweisung an Land für den Kläger entstanden. Durch die vom Beklagten mit dem 1. Nachtrag vorgenommene Änderung verringerte sich die dem Kläger an der östlichen Grenze seines Abfindungsflurstücks zugeteilte Fläche. Als Ausgleich wurde dem Kläger an der westlichen Grenze seines Abfindungsflurstücks ein ca. 0,20 m breiter Streifen Ackerland zugeteilt. Dieser gehörte bislang zum Einlageflurstück 170/5 der Kläger im Verfahren
Nutzungsart | Fläche in ha | Wert in WE |
A 33 (Acker) | 0,0242 | 0,80 |
H 25 (Wald) | 2,4764 | 61,91 |
VS 12 (Wege und Straßen) | 0,0382 | 0,46 |
VS 12 (Wege und Straßen) | 0,0798 | 0,96 |
2,6186 | 64,13 |
Am 6. Dezember 2017 fand der Anhörungstermin für den 1. Nachtrag zum Bodenordnungsplan im Bodenordnungsverfahren S. statt. Im Anhörungstermin legte der Kläger mit Schreiben vom 6. Dezember 2017 hiergegen Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, mit dem Bodenordnungsplan vom 26. September 2016 sowie der Zahlung von 907,50 € habe er aufgrund eines rechtmäßigen Kaufs (§ 433 BGB) Eigentum an einer Fläche von 2,6613 ha erworben, in deren Besitz er eingewiesen worden sei und deren Grenzen vermessen worden seien, so dass er mit dem Nachtrag nicht einverstanden sei, mit dem ihm eine Fläche von nur noch 2,6186 ha zugewiesen werden solle.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2018 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er dem Widerspruch nicht abhelfen könne. Der Planwunsch des Klägers sei mit dem Bodenordnungsplan umgesetzt worden, denn es sei eine Planvereinbarung über eine Mehrausweisung von 5,5 Werteinheiten zu einem Geldwert von 165 €/WE geschlossen worden. Der vom Kläger so bezeichnete "Kaufvertrag" sei über keine Flächengröße geschlossen worden. Der Anspruch des Klägers auf wertgleiche Landabfindung bleibe auch mit dem 1. Nachtrag gewahrt. Ein Anspruch auf eine bestimmte Lage oder Fläche der Abfindung bestehe nicht und sei auch nicht vereinbart. Mit der Bekanntgabe des Bodenordnungsplans sei kein Rechtsübergang erfolgt. Dazu bedürfe es einer abschließenden Ausführungsanordnung. Der 1. Nachtrag sei aufgrund eines Einwands des Nachbarn des Klägers ergangen, dass die Grenze zwischen ihren Flurstücken besser an den vorhandenen Weg zu legen sei anstatt an die momentan bestehende, aber durch Pflanzenwachstum veränderliche Baum-Acker-Grenze. Dieser Einwand sei vor Ort überprüft und für berechtigt befunden worden. Der Kläger sei auch nach der Änderung des Bodenordnungsplans mit den von ihm erworbenen Mehrabfindungswerteinheiten wertgleich in der Lage seines Einlageflurstücks abgefunden worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Mai 2020 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte das Landesverwaltungsamt aus, die Abfindung aus dem Bodenordnungsplan vom 26. September 2016 habe gemäß §
Am 23. Juli 2020 hat der Kläger beim erkennenden Gericht sowohl gegen den Widerspruchsbescheid als auch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid Klage erhoben. Mit Schreiben vom 1. August 2020 hat der Kläger die Klage gegen den Kostenfestsetzungsbescheid zurückgenommen.
Er macht geltend, er sei aufgrund des Bodenordnungsplans vom 26. September 2016 von einem rechtskräftigen Kauf der Mehrausweisung einer Fläche gemäß § 433 BGB ausgegangen. Er habe darauf vertraut, dass der Kauf frei von Sach- und Rechtsmängeln gewesen sei. Daher sei er auch seiner Pflicht gemäß § 433 Abs. 2 BGB nachgekommen und habe die Summe in Höhe von 907,50 € fristgerecht gezahlt. Diese Zahlung habe sich nicht nur auf irgendeine Mehrausweisung von Land bezogen. Vielmehr sei Grundlage des Vertrages die eingebrachte Fläche von 2,3450 ha sowie die Landabfindung von 2,6613 ha gewesen, mit Datum vom 8. Juni 2016, im Anhang dieses Vertragsabschlusses habe sich die Berechnung der 5,5 Werteinheiten befunden. Es sei nicht zutreffend, dass sich die Zahlung nur auf die 5,5 Werteinheiten und nicht auf eine bestimmte Fläche bezogen habe. Er habe bereits beim Planwunschtermin deutlich gemacht, welche Fläche er erwerben wolle. Diesem Wunsch sei stattgegeben worden. Nach erfolgter Zahlung seien auch zeitnah die Grenzen mittels Grenzsteinen festgelegt worden, womit er zufrieden gewesen sei. Nach einem halben Jahr habe er bemerkt, dass die Grenzsteine ohne sein Wissen versetzt worden seien. Das Landesverwaltungsamt beziehe sich auf §
Der Kläger beantragt,
den Widerspruchsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 25. Mai 2020 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesverwaltungsamt zurückzuverweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, der 1. Nachtrag zum Bodenordnungsplan sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Anspruch des Klägers auf wertgleiche Abfindung sei erfüllt. Der Kläger habe eine Einlage von 2,3450 ha und 58,63 WE in einem Waldflurstück. Er habe eine Planvereinbarung gemäß §
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen; diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Soweit der Kläger seine Klage gegen den Kostenfestsetzungsbescheid des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 19. Juni 2020 zurückgenommen hat, ist das Verfahren gemäß §§
Die Änderung des Bodenordnungsplans vom 26. September 2016 durch den 1. Nachtrag vom 6. Dezember 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§
Zwar steht die Abfindung eines Teilnehmers eines Bodenordnungsverfahrens grundsätzlich unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen. Die Abfindung des einzelnen Beteiligten bildet einen Teil des Gesamtplans. Erst wenn alle Festsetzungen des Gesamtplans endgültig sind, wird auch die einzelne Abfindung endgültig (vgl. BayVGH, Urteil vom 10. April 2003 - 13 A 01.2550 - juris Rn. 11). Der Bodenordnungsplan gibt noch keinen Bestandsschutz. Die Behörde darf grundsätzlich sowohl nach §
Der 1. Nachtrag vom 6. Dezember 2017 zum Bodenordnungsplan vom 26. September 2016 ist auf der Grundlage des §
Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Teilnehmer etwa durch eine Vereinbarung eine begünstigende Rechtsposition erreicht hat. Dieser kommt eine stärkere Bestandswirkung zu als der ohne eine solche Vereinbarung gewährten Abfindung. In die vereinbarte Abfindung darf grundsätzlich nur nach §
Nach diesen Grundsätzen ist die Klage begründet. Der Kläger ist zwar (auch) mit der für ihn im 1. Nachtrag vom 6. Dezember 2017 vorgesehenen Landabfindung i.S.d. §
Nach §
Gemessen daran ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abfindung des Klägers nicht wertgleich ist. Nach den vorliegenden Unterlagen hat sowohl die im Bodenordnungsplan vom 26. September 2016 vorgesehene Landabfindung mit einer Fläche von 2,6613 ha als auch die im 1. Nachtrag vom 6. Dezember 2017 vorgesehene Landabfindung mit einer Fläche von 2,6186 ha einen Wert von 64,13 Werteinheiten, der dem Abfindungsanspruch des Klägers entspricht, der sich aus 58,63 Werteinheiten für sein Einlageflurstück zuzüglich der Mehrausweisung von Land mit einem Wert von 5,5 Werteinheiten ergibt, welcher der Kläger in der Verhandlung vom 8. Juni 2016 zugestimmt hat.
Die fehlende Wertgleichheit der mit dem 1. Nachtrag vorgenommenen Abfindung ergibt sich auch nicht mit Blick auf die in §
Die mit dem 1. Nachtrag vom 6. Dezember 2017 vorgesehene Landabfindung des Klägers ist jedoch deshalb rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weil sie der in der Verhandlung vom 8. Juni 2016 abgeschlossenen Planvereinbarung widerspricht. Hiermit wurde vereinbart, dass der Kläger - der "Erschienene zu 1" - im Rahmen des Bodenordnungsverfahrens S. "eine Mehrausweisung von Land von ca. 5,5 Werteinheiten" zu den Konditionen von 165 €/WE erhält. Diese Mehrausweisung betrifft entgegen der Auffassung des Beklagten nicht lediglich den Wert der dem Kläger zuzuteilenden Abfindung sowie die hierfür zu erbringende Geldleistung (von 165 €/WE). Vielmehr betrifft die Planvereinbarung die Fläche, die Gegenstand des Planwunsches des Klägers aus dem Jahr 2012 war und in deren Besitz er bereits im Jahr 2013 eingewiesen wurde. Bei der Auslegung einer Planvereinbarung sind gemäß §
Nach §
Die Kostenentscheidung beruht auf §
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.