OLG Thüringen - Beschluss vom 16.07.2007
9 Verg 4/07
Normen:
GWB § 97 Abs. 2 ; GWB § 98 Nr. 1 ; GWB § 107 Abs. 3 ; VOF § 4 Abs. 2 ; VOF § 11 Abs. 4 lit. c ; VgV § 18 Abs. 6 ;
Fundstellen:
ZfBR 2007, 817
Vorinstanzen:
VK des Freistaats Thüringen 360-4004.20-2029/2007-J - 19.06.2007,

Zum Merkmal der schweren Verfehlung im Sinne des § 11 Abs. 4 lit. c VOF

OLG Thüringen, Beschluss vom 16.07.2007 - Aktenzeichen 9 Verg 4/07

DRsp Nr. 2007/22772

Zum Merkmal der "schweren Verfehlung" im Sinne des § 11 Abs. 4 lit. c VOF

»1. Verweist die Vergabekammer ein Vergabeprüfungsverfahren wegen örtlicher Unzuständigkeit an eine andere Vergabekammer, so ist dieser Beschluss bindend, soweit er nicht auf offensichtlicher Willkür beruht (§§ 83 S. 1 VwGO, 17a Abs. 2 S. 3 GVG bzw. § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO analog). 2. Das Diskriminierungsverbot, das den Auftraggeber verpflichtet, europaweit alle Bewerber unabhängig von Nationalität, Herkunft und Firmensitz gleich zu behandeln (vgl. Art. 49 EGV, § 97 Abs. 2 GWB, § 4 Abs. 2 VOF), schließt als eine der zentralen Grundsätze des Vergaberechts auch den Schutz gegen versteckte und indirekte Benachteiligungen ausländischer Unternehmen bei der Auftragsvergabe ein (vgl. EuGH Urt. vom 27.10.2005; Az. C - 234/03 "Insalud" = VergabeR 2006, 63ff.). 3. Geht ein Bieter politische Stellen seines Heimatstaates mit dem Ziel an, diese dazu bewegen, sich in einem laufenden Vergabeverfahren für eine Zuschlagserteilung an ein nationales Unternehmen zu verwenden, stellt dies eine Aufforderung zum Bruch des Diskriminierungsverbots und damit eine versuchte - grob rechtswidrige - Einflussnahme auf die Auftragsvergabe dar. Es spricht viel dafür, schon ein solches Verhalten als "schwere Verfehlung" im Sinne des § 11 Abs. 4 lit. c VOF zu werten.