10/3.3 Stellung des Rechtsanwalts/Interessenkollision

Autoren: Mainz-Kwasniok/Schönenberg-Wessel

Gemeinsamer Anwalt

Gerade bei den Ehepartnern, die eine vertragliche Regelung anstreben, besteht vielfach das Bedürfnis, von einem gemeinsamen Anwalt beraten zu werden. Dem liegt die laienhafte Vorstellung zugrunde, es gebe auf alle familienrechtlichen Fragen jeweils eine eindeutige Antwort, die sich womöglich unmittelbar aus dem Gesetz ergebe - und es bedürfe der anwaltlichen Dienstleistung nur im Sinne einer Auskunft darüber, was im Gesetz geregelt sei. In Scheidungsangelegenheiten kommt es häufig vor, dass sich die scheidungswilligen Eheleute in der Annahme völligen Interessengleichklangs und der Absicht, die Kosten für einen zweiten Anwalt zu sparen, gemeinsam durch einen Anwalt beraten lassen.

Scheidungswillige Eheleute denken dann nicht daran, dass ihre Interessen gegenläufig sein können, weil ihnen die gegenseitigen Rechte unbekannt sind. Sie vertrauen darauf, dass der sie gemeinsam beratende Rechtsanwalt das Beste für sie herausholt, ohne sich klar zu machen, dass dieser in einer gemeinsamen Beratung bei gegenläufigen Interessen dazu nicht in der Lage sein wird, weil das Beste für den einen das Schlechteste für den anderen ist - jedenfalls beim Verteilen von Ressourcen wie Geld. Eine Beratung durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt kann zu Komplikationen führen, sobald zwischen den Ehegatten eine Interessenkollision sichtbar wird.